Freitag, 17. Juni 2011

Gefahrvoll und anstrengend ist das Pilgerleben

Liebe Freunde meines Tagebuches, die Ihr täglich mehr werdet.
Es ist für mich ein großes Geschenk zu sehen und zu hören, dass mein Tagebuch immer größeren Zuspruch findet. Nur bei den Kommentaren ist leider eine Flaute eingetreten. Ich warte darauf!!!

Das war heute ein "gefahrvoller", anstrengender und zum Teil ärgerlicher Tag. Trotzdem überwiegt jetzt im Quartier in Karres (4 Km weiter weil in Roppen nichts frei war) die Zufriedenheit über das Erreichte und das Schöne.

Los ging es um 7:20 in Pfaffenhofen. Nach dem nächtlichen Regen war der Morgen grau, aber trocken und ideal zum Gehen. Wenn nicht die blöde Wegführung gewesen wäre. Der JW führte direkt in eine ungemähte Wiese und am Waldrand entlang. Das war überhaupt nicht lustig. Schon bald war ich bis über die Knie klatsch nass. Was wäre dabei, wenn die Gemeinde den Weg hin und wieder mäht, so wie ich es in unserem Bundesland oft genossen habe.
Überhaupt wurde entlang der heutigen Wegstrecke sehr wenig für den JW getan. Unattraktive Wege und so gut wie keine Beschilderung - oft nur alle x Km. Und dazwischen gab es reichlich Möglichkeiten, sich zu verlaufen, was ich auch prompt geschafft habe. Es ist mir zu bunt geworden und habe mir den Weg teilweise selbst gesucht und dabei waren sehr schöne Strecken.
Eine besondere Sehenswürdigkeit entpuppte sich zum Teil als Flop, zumindest für einen Pilger. Das wunderschöne Stift Stams. Hier darf man nicht in die Basilika, wenn man nicht für die Führung bezahlt. Dabei wollte ich nur mein obligates Gebet in der Kirche sprechen und war so gezwungen vom hintersten (sehr schönen) Gitter in die Kirche zu schauen. Ich zahle nicht als Pilger fürs Beten, denn das kann ich auch immer auf der Strecke. Ich war angefressen und habe mich bald auf den Weg gemacht und bin nicht länger geblieben.

Dabei habe ich mich "verpflichtet" bei jedem Wegkreuz und Bildstock ein Kreuzzeichen zu machen und ein "Gelobt, sei Jesus Christus" oder "Gegrüßet seist du Maria" zu sprechen. Und bei jeder Kapelle oder in jeder Kirche ein Gebet zu sprechen. Verpflichtet? Ich mache das gerne und aus innerer Überzeugung und ich kann damit auch viele mitgegebene Fürbitten von vielen lieben Menschen vorbringen, denn nur in SdC wäre es zu wenig.
Und doch habe ich mich verpflichtet. Nach den Regentagen vor .... Tagen - die Zeit läuft und läuft - und den angesagten Wetterverschlechterungen,habe ich bei der himmlischen Himmelsmacht um eine Konferenz gebeten. Dabei wollte ich den Herrn, unseren Gott, den Petrus und den Jakobus haben. Ich konnte meine Probleme beim Pilgern im Regen darlegen und habe gebeten, das Wetter pilgerfreundlicher zu gestalten. Denn sonst, wenn sich das herumspricht, dass man beim Pilgern recht nass werden kann, dann pilgert vielleicht niemand mehr. Es könnte doch nächtens regenen, damit die Natur zum notwendigen Nass kommt. Das wurde auch anerkannt und ich habe mich dafür zu obig besprochenen Bet-Verhalten verpflichet. Und liebe Freunde, es hat nun schon zwei Tage bestens funktioniert!

Am Weg heute gab es wieder viele kleine Schönheiten zu sehen. Beim Gehen, zumindest bis 25 Km, sind die Sinne viel wacher und man kann Dinge sehen, die einem sonst verborgen bleiben (auch beim Radeln).
Trotzdem waren vor allem die Orte gestern interessanter und schöner. Teilweise waren die Orte und Häuser der heutigen Etappe austauschbar und nicht besonders typisch.
Interessant war zu sehen, wie sich die Äcker und Felder zur gestrigen Strecke geändert haben. Heute waren Getreidefelder und ganz besonders die Erdäpfelfelder vorherrschend. In einigen Orten gibt es sogar zentrale Erdäpfelkeller.

Und weiter gings ohne Richtungstafeln und von Ort zu Ort. Dann, nach Mittag und mehr als 23 Km kommt das erste Verlangen für eine kleine Ruhepause und ein kleines Nickerchen (wenn Zeit ist).
Schon sehe ich an einem Waldrand in mitten einer Almlandschaft ein lauschiges Plätzchen. Eine Bank, wie für mich geschaffen, und darüber das geschnitzte Bildnis unseres gekreuzigten Christus. Wo sonst soll ein Pilger Rast machen und sein Haupt hinlegen. Den Rucksack weg, die Schuhe ausziehen und sich gemütlich auf die Bank legen, war gleich geschehen - aaaahhh.
Bim, bim, bimerlibim, bim bim, bimerlibim ...
Ignoriere das und schlaf weiter! Habe ich das von oben gehört oder bilde ich mir das nur ein. Ich versuche das Glockengebimmel zu ignorieren, aber bim, bim ... nur noch viel lauter. Das Gebimmel wird lästig und kommt immer näher. Ich versuche mit lieben Worten und eindeutigen Stockhinweisen die blöden Kühe des Platzes zu verweisen. Nur denen kümmert das überhaupt nicht und sie werden mehr 3, 4, 5 Stück kommen fressend immer näher meiner Bank. Die Taktik des Vortages mit den Jugendlichen funktioniert heute nicht. Ich stehe auf und will mich mit Nachdruck durchsetzen. Aber statt die Rindviecher zu vertreiben kommen sie schon auf 3-4 Meter näher und sie haben sich Verstärkung geholt. 10 Kühe und Kälber rücken an und senken bedrohlich die Köpfe (oder wollten sie nur fressen).
Da erinnerte ich mich an das gestrige Telefonat mit meiner Frau. Sie erzählte mir von Vroni aus Gröbming (siehe 5. bis 7. Tag). Im idyllischen Sölktal
hat eine Al-Kaida-Zelle von Kühen die Wanderer angegriffen und terrorisiert, dass es eine Verletzte gegeben hat. Nein, nicht Kuh, sondern Wanderin.
Sollten auch diese Kühe rund um mich, einer solchen Terrorzelle angehören?
Ich ziehe es vor zu verschwinden. Schnell in die Schuhe, den Rucksack schnappen und die Stöcke und ab durch den letzten mir gebliiebenen Fluchtweg. Puhhh, das war eng. Ob mir zu Hause alle diese Bedrohlichkeit glauben werden. Zum Glück war ich so geistesgegenwärtig und habe die Situation fotografiert - siehe heutiges Foto.

Dann ging der Weg zuerst schön weiter, aber die letzten vier Km wurden zur Probe. Es ging sehr steil hinauf und wie es das Pech will, verirre ich mich auf Anraten eines Einheimischen. Er schickte mich durch ein Pferdegatter und die Pferde wollten spielen oder doch nicht. Meine Stöcke hielt sie auf Distanz. Am Ende des Gatters bin ich über Zaun und Mauer geklettert und stand im unwirtlichen Niemandsland. Eine sehr steile und verwachsene Leiten, auf der kein Durchkommen war. Ich probierte es zwar, aber wie es gefährlich geworden ist, bin ich zurück durchs gatschige Gatter und bei den Pferden vorbei. Der zur Rede gestellte Einheimische meinte, ich hätte nur quer über die Wiese und neben den Rossen mit ihren Fohlen nach oben gehen sollen. Ein zweites Mal gehe ich da nicht durch und nehme einen steilen und langen Umweg in Kauf.

Ich war dann schon sehr geschlaucht und nicht bester Laune, wie ich bei bei meinem Quartier, dem Gasthof Traube, angekommen bin. Hier wird der Gast aber sehr gut angenommen, ich kann den GH sehr empfehlen. Als Pilger mit Pilgerpass habe ich das Zimmer statt um 33,- + Kurzzuschlag um 25,- Euro bekommen. Das Bier kostet 2,80 und das 4-gängige Menü mit 3 Speisen zu Auswahl hat 10,- gekostet. Die Frittatensuppe, der Salatteller, die Schweinslendchen mit Gorgonzola-Sauce und Reis, Kroketten und Gemüse, und das Eis mit Himbeeren mundeten Euren Pilger sehr. Die Wirtin war noch so nett und hat meine Wäsche gewaschen und getrocknet. Da zeigt es sich, dass man den Tag nicht vor dem Abend bejammern soll.
Jetzt muss ich meine gequälten Füße hochlagern und zur Ruhe kommen lassen.

Ich grüße Euch und haltet mir die Daumen, dass es weiter so gut weitergeht.
Pilger Walter

4 Kommentare:

  1. hallo
    Ich soll liebe Grüße von den Jakobinern ausrichten.
    Also, mit den Kühen lebt man wirklich gefährlich!!
    Lg,kathrin

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  2. Hallo Pilger Walter!

    Stift Stams ist ja sehr "christlich" unterwegs...
    Aber Dein Tag hat ja doch ein gutes Ende gefunden und das ist die Hauptsache!
    Deine Leistung ist SUPER! Ich gratuliere Dir sehr herzlich und wünsche Dir viele positive Erfahrungen auf Deinem Weg.

    Liebe Grüße Sonja (Hörl)

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  3. Hallo!
    Auch in fernen Laendern wo die es keine Kuhe gibt, aber dafuer Kamele wird dein Tagebuch gelesen.
    Alles Gute
    PEter

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  4. Hallo lieber Pilger, wir freuen uns sehr, dass du so gut vorankommst und das Wetter - dank deiner Konferenz mit den höchsten stellen - sich endlich gebessert hat. Wirst sehen, es bleibt! Offensichtlich haben im heilingen Land Tirol nicht nur etliche Tiroler, sondern auch ihre Viecher, einen richtigen Sturschädl. Aber wie es sich gezeigt hat ist es gut, manchmal auch stur zu sein und doch auch immer wieder der Klügere zu sein - die haben ja keine 2300 km mehr vor sich..... Aber diese werden ja von Tag zu Tag weniger! Und wie du selber festgestellt hast freuen sich so viele Leute mit dir und deinen Kommentaren (wir waren übrigens die letzten 2 Tage ausser Gefecht) - es ist für uns wirklich eine Freude, dieses Tagebuch zu lesen und denken, dass du es dann auch zuhause erst so richtig geniessen kannst, wenn die Erinnerungen zurückkommen. Jetzt wünschen wir dir, dass du gut über den Arlberg kommst (bitte nicht die Autobahn mit dem Arlbergtunnel nehmen, auch wenn`s schneller geht!!!) und dir im Ländle viele nette Leute begegnen werden - wir halten dir nicht nur für ein schönes Wetter die Daumen! Ganz liebe Grüsse und alles Gute Ingrid und Werner

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