Samstag, 4. Juni 2011

Schweistreibend und schmerzhaft

Hallo liebe Wegbegleiter im Geiste!

Gleich einmal DANKE für die lieben Kommentare und das Mitgehen im Geiste. Es ist wunderbar und aufbauend im Mailbriefkasten Euren Kommentar zu finden und die lieben Worte zu lesen.

Zuerst einmal, wie geht es mir.
Heute habe ich die 3. Etappe geschaft und sogar überfüllt - mehr dazu später.
Somit mein Spruch: Super, es ist nicht mehr so weit bis Santiago :-)

Es geht mir prächtig, bis auf Wehwechen von den Füßen bis zu den Schultern. Aber es wird mit jedem Tag besser und beim Gehen auf der Strecke neutralisiert sich alles und man spürt (fast) nichts.
Trotz der guten Vorbereitung geht es am Beginn nicht ohne Probleme. Natürlich brennen die Füße wenn es wie heute (ausserplanmäßig) ca. 36 Km werden und die letzte 11 Km von Lassing, das für mich kein Quartier hatte, nur ein Straßenhatscher angesagt war.
Aber auch mein linker Innenknöchel schmerzt bisweilen und ist etwas geschwollen und blaurot verfärbt. Es war der Bergschuh, dabei bin ich ihn schon gut eingegangen. Aber mit lockerem Zubinden geht es ganz gut.
Dann sind es die Oberschenkel und die Sehnen im Schritt. Die protestieren beim Weggehen aufs Heftigste und nach einigen 100 Metern geht es wieder gut und ich spüre es fast nicht. Eine Lösung des Problems: Weniger Pausen machen (nicht ernst gemeint).
Und dann sind noch die Schultern.
Gerald vom Fitnessstudio: Anscheinend waren die Schulterübungen doch noch nicht passend und ausreichend, denn wenn der Rucksack herunten ist, sind die Muki's in der Schulterregion gut spürbar - ob das wohl am 15 Kilo schweren Rucksack liegt? Aber ich brauche die mitgeführte Küche, Zimmer und Kabinett dringend.

Wie ich vorhin vom Quartier zum naheliegenden Gasthaus in den Croggs gegangen bin, hätte mich die PVA nicht sehen dürfen, die hätten mir gleich 4 Wochen Kuraufenthalt verordnet.

Dabei sind die Rucksackdruckstellen (beim Brustgurtansatz und beim Beckengurtansatz) schon besser geworden. Der Mensch ist eben ein Gewohnheitstier und Ihr werdet sehen bis zum Ende meines Jakobsweges werde ich springen und tanzen :-)
Wisst Ihr wie schön das sein kann im Bett zu sitzen und die Beine auszustrecken?
Und ganz toll ist es, wenn man die Nacht großartig schläft und am Morgen ist man wieder, mehr oder weniger fit.

Von den letzten zwei Tagen (Mautern - Gaishorn und Gaishorn über die Burg Strechau, Lassing bis Aigen im Ennstal gibt es Folgendes zu berichten:

In Mautern, nach der Morgenmesse, hat mich Helmut Hafner, mein Französischkurskollege und erprobter Jakobspilger, bei der Kirche abgeholt und hat mich bis Wald am Schoberpass begleitet - Danke Helmut. Wenn man ihn beim Gehen zusieht, möchte man einen Rollstuhl bereitstellen. Darum Helmut, Hochachtung vor Deiner Leistung.

Am Weg bis Wald a. Schoberpass hat uns für eine halbe Stunde ein schöner Regenguss ereilt. Somit habe ich das auch erlebt - was soll mir jetzt noch passieren. Ach ja richtig, einen Köterangriff, den habe ich heute erlebt. Er war zwar hinterm Zaun, aber der war wenig vertrauenserweckend nieder.

In der Region um Gaishorn, Lassing und Aigen i.E. wäre eine Tourismusoffensive ratsam. Hier sollte man nicht so einfach hereinschneien, da wird man man als Gast nicht immer glücklich. In meiner Firma gab es ein geflügeltes Wort: "Kunde droht mit Auftrag!"

in Gaishorn waren beide möglichen Quartiere erst nach 2-3 Stunden zu beziehen, weil niemand da war und auch die Zimmer nicht fertig waren.
In Lassing, mein heute geplantes Ziel, war kein Zimmer zu finden. Eine Unterkunft war voll und die Besitzer der 2. Unterkunft wollten lieber einen Ausflug machen, obwohl ich schon gestern angerufen habe.
So bin ich ins Ungewisse losgegangen und habe zum Jakobus gemeint: "Jetzt musst du dir was einfallen lassen". Die nächste mögliche Station war Aigen im Ennstal - 11 Km weiter zu den geplanten 26 Km. Dazu kamen noch ca. 2 Km Umwege wegen falscher Beschilderung und gutgemeinter, aber unnötiger Umwege. Die Lösung vom Hl. Jakobus hat so ausgesehen, dass er mir die Kraft gegeben hat, damit ich den weiteren Weg schaffe und dass er mich flott dahigehen ließ und den Regen von mir abhielt.
Ja, auch hier in Aigen hat die Gastronomie so seine Tücken. Gleich am Anfang von Aigen, neben meinem netten Privatquartier (22,-) gibt es zwei Gasthäuser und deswegen habe ich mich da auch einquartiert - so richtig weitergehen wollte ich nicht mehr. Die Vermieterin hat mir eines der GH empfohlen, denn das 2. GH kocht kaum aus. In dem empfohlenen GH bin ich mit einem ordentlichen Hunger um 17:15 aufgetaucht und musste zur Kenntnis nehmen, das der Koch erst um 18h kommt. Ok, das kommt öfters vor. Also trinke ich fürs Erste ein gutes Bier. Vor 18h kommt die Kellnerin und meint schuldbewusst, dass es mit dem Essen nichts wird und ich hatte mich schon auf einen Schweinsbraten mit Knödel und warmen Krautsalat gefreut. Der Grund: der eine Koch ist mit den Fußballern unterwegs und der 2. Koch ist bei einer Feier hängen geblieben. Ja, ja, die Ennstaler feiern gerne und da kann neben die Welt untergehen..
Somit bin ich mit knurrendem Magen zum Nachbar-GH. Eine Art Bauerntoast (tiefgefroren) war nicht schlecht und hat den Hunger fürs Erste besänftigt. Jetzt (20:15), wäre vielleicht was Süßes noch gut, aber mich bringt heute nichts mehr aus meinem Bett.

Mit dem Wetter habe ich bisher sehr viel Glück (meine Vereinbarung mit oben wirkt anscheinend). Gestern wie ich vorm Quartier unter Dach auf die Vermieterin wartete, ging der erste von ca. 5 Regengüssen nieder. Für heute war sehr wechselhaftes Wetter vorhergesagt und in anderen Regionen (z.B. unter Graz) gab es auch Unwetter. Aber entlang meines langen Weges blieb ich davon verschont, auch wenn der Himmel tw. bedrohlich dunkel war. Es schien meist doch die Sonne und es war extrem schwühl und schweißtreibend - besonders beim steilen Anstieg zur Burg Strechau (gut zu sehen von der Autobahn bei Rottenmann).

Zwei nette Kurzbegleitungen eines Radfahrers, der mich schon am Vortag gesehen hat, und eines einsamen Spaziergängers, waren die heutigen Highlights.

Eine Schrecksekunde hatte ich am Morgen. So 300 m vom Nachtquartier kam mir etwas komisch vor. Meine Hände hatten nichts zu tun - die Stöcke!!! Also umdrehen und den Hügel wieder rauf. Aber wie schon erwartet, hier waren sie nicht, denn ich habe beim Zimmerauszug genau geschaut, ob ich alles mithabe.
Wo habe ich sie vergessen? Sicher am Vortag bei der kleinen Bäckerei, wo ich was getrunken habe und mir die Abendjause gekauft habe. Ich bin dann schnell und mit einem Bittgebet zum Hl. Antonius zu dem Geschäft im Zentrum von Gaishorn runter. Und hier gibt es ehrliche Menschen, denn Gott sei Dank, dort im Freien, gleich neben der Straße, warteten meine Stöcke auf mich :-)

So das wars für heute, denn jetzt tun mir vom Schreiben auf dem Mäuseklavier (sprich Tastatur) meines Handys auch die Hände und Finger weh.

Die Vorschau auf die nächsten 3 Tage sind sehr angenehm. Davon berichte ich beim nächsten Tagebucheintrag (wenn ich Lust dazu habe).

Das Foto zeigt eine Wasserlabestation am Radweg zwischen Trieben und Rottenmann. Heute habe ich einige Wasserstellen gebaucht.

Ich sage nun Gute Nacht und lasse jetzt meine Beine zu Kräften kommen.
Piger Walter

2 Kommentare:

  1. Hallo Walter, gratuliere, Du bist gut unterwegs. Anfangs sind diverse "Wehwehchen" vorprogrammiert und selbstverständlich. Als "fast Rollstuhlfahrer", der trotzdem den Weg gegangen ist, möchte ich dich auch weiterhin auf deinem camino begleiten und dich motivieren, denn erst wenn es richtig weh tut und man an seinem Vorhaben zweifelt, erst dann fängt es an, schön zu werden. Wie gesagt, meine Frau und ich beneiden dich, aber wir werden unsere Vision - zu fuss von Mautern nach Santiago zu gehen - noch beenden. (von den über 3000 km fehlen uns ja nur mehr läppische 1000 km).

    Mit der Gewissheit, dass der Herr mit Dir ist, verbleiben in Gedanken
    Helmut und Elvira Hafner

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  2. Hallo,

    super, dass du eine ganze Heiligen-Entourage mit dir hast. Dann kann ja nichts mehr schief gehen. Der hl. Christophorus wird dich sicher tragen, wenn die Schmerzen zu schlimm sind.
    Die Schulter-Schmerzen sind aber in den ersten Tagen völlig normal (ist mans gewohnt mit so viel Druck auf den Schultern zu gehen?) & und auch diverse andere Wehwehchen (Anpassungserscheinungen). Sie sollten halt auch irgendwann nach ein paar Tagen wieder vergehen...

    Gute Reise, Klaus

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