Montag, 13. Juni 2011

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Der heutige Tag war zu vergessen, da sinkt die Motivation. Aber das Positive des Tages: Der historische Ort Rattenberg ist erreicht, aber wie?

Beim Aufstehen um 6Uhr war vom schönen Wetter des Vortages nichts mehr zu sehen. Ein grauer Tag erwartete mich. Das macht nichts, wenn es nur nicht regnet.
Während ich in der Bäckerei frühstückte hat es leicht zu regnen begonnen - grrr.
Zu allen Überdruss ist der Weg aus Söll raus, so wie im Führer beschrieben, nicht zu finden. Da hilft am Besten entlang der Straße weiter zu gehen. Bald habe ich einen anderen Weg gefunden und auch der JW fand mich dann wieder. Das hätte er auch lassen können - siehe weiter unten.

Alle eindringlichen Bitten zum Jakobus und alle Daumendrückerunterstützungen halfen nichts. Es regnete sich richtig ein und ich musste mein Verhüterli über Rucksack und mich stülpen. So zu gehen macht einfach keinen Spaß und man beginnt arg zu schwitzen. Und wo soll die innere Feuchtigkeit hin, wenn es außen nicht besser ist.

Beim Griff in die Hosentasche zum Handy der nächste Ärger. Der Reißverschluss klemmt, das Innenfutter hat sich in den Verschluss geschoben und er läßt sich nicht mehr vor und zurück bewegen. Eine Viertelstunde musste ich im Regen herumwursteln bis wieder alles ok ist.

Dafür führt der markierte JW weit abseits jeder Zivilisation und über ungepflegte schlammige Wege und zum Teil nicht zu erkennende unwegsame Waldwege oder man muss ohne Weg quer über eine Wiese gehen, was bei einen halben Meter hohen nassen Gras kein Vergnügen ist.
Hier ein Auszug aus dem Führer eines beispielhaften Teilstückes: "Sie stehen nun am Rande einer Wiese. Sie müssen weglos die schräg links unten/diagonal gegenüberliegende Ecke erreichen. Dort zweigt hinter den Büschen ein schwach erkennbarer Waldweg ab ..."
Dabei geht es im Inntal sehr flach dahin. Die örtlichen Gemeinden von Söll bis Breitenbach tun nur nichts für den Jakobstourismus und mir kommt vor auch die Menschen abseits der Tourismushochburgen sind muffiger.
Wie ich zu einem Hof komme, kommen kläffend ca. 10 Hunde mir entgegen und aus der Gartenlaube schaut der Besitzer interessiert zu, wie ich mich mit meinen Stöcken gegen die Horde wehre. Ein anders Mal schaun mir Leute wortlos zu, wie ich mich mangels eines Wegweisers verirre und in einen argen Schlammweg gerate, der sich dann in nichts auflöst. Laut grummelnd musste ich den Weg wieder zurückkämpfen und bin dann ohne Gruß an diesen dickschädeligen Tirolern vorbei gegangen.

Zu allem Überdruss begann dann der linke Oberschenkelmuskel zu schmerzen an (eine Zerrung? Von was?). Es wurde dann ziemlich schmerzhaft und mir kamen schon Bedenken bezüglich des Weitergehens. Am NM beim Gehen im Ebenen wurde es wieder erträglich.

Damit es den Ärgernissen nicht genug ist, habe ich mein Schweißtuch (kleines Handtuch am Rucksack befestigt) verloren. Aber zurück zu gehen und zu suchen, dazu hätten mich keine zwei Ochsen gebracht.

Als einzig positives am späten VM war das fast Aufhören des Regens und es bröselte nur mehr. Aber die Pelerine konnte ich weggeben und später auch die Gortexjacke. War das angenehm wieder Luft zu bekommen. Das Leibchen und der Hosenbund waren waschnass.

Es gibt auf diesem Teilstück auch keine gastronomische Infrastruktur, nicht einmal Brunnen zum Auffüllen der Wasserflasche. Somit war ich gegen 13h und nach fünf Gehstunden ohne Pause schon recht ruhebedürftig und hungrig.
Am Ortsrand von Breitenbach verließ ich den JW um ein Gasthaus zu finden und ein junges Paar gab mir den Tipp. Nicht weit gibt es zwei GH, ein gutes und preiswertes und eines der gehobenen Kategorie. Wie es an so einem "wunderbaren" Tag sein muss, hat das billige GH Ruhetag. Also rüber zum feinen Restaurant, schießlich ist man dafür doch richtig gekleidet. Man hat mir trotz vollem Haus und meiner schweißstinkender Wenigkeit doch einen, zum Glück, Einzeltisch gegeben. Trotz der ordentlichen Preisen (Menüs ab 20,-) fand ich mir trotzdem Speisen, die zu einer Pilgerkasse passen - sehr gute und reichliche Bandnudeln mit Pesto und Gemüse um 7,60. Dazu ein großes Bier um 3,- direkt eine Okkasion.
Verdächtig war nur, dass mein Essen keine 5 Minuten nach der Bestellung am Tisch war und das bei vollem Haus. Na klar, ich hätte auch geschaut, dass dieser dreckige und stinkende Pilger schnell wieder geht und ich wollte auch weiter. Nett das ehrliche Interesse der umsitzenden Gäste, wie ich mich zum Weitermarsch bereitgemacht habe.

Nachdem ich den nächsten Streckenabschnitt im Führer nachgelesen habe, habe ich festgestellt, dass es ähnlich wie am VM weiter geht, aber nicht mit mir. Ich suche mir den Weg im flachen Inntal. Mein Handynavy zeigte mir eine interessante Variante an. Einfach über die nahe Brücke über den Inn und die Autobahn gehen und zwischen Autobahn und Inn den Weg zu gehen. Fein, das mache ich. Von der großen Brücke sehe ich auch den Weg, nur wie komme ich da hinunter oder vom Ende der Brücke wieder über/unter der Autobahn durch. Mein Navy ließ sich nicht beirren und zeigt mir beharrlich den direkten Weg von der Brücke zum darunterliegenden Weg an. Soll ich die 20-30 m springen? Vielleicht hätte ich den Fallschirm doch mitnehmen sollen. Jetzt hätte ich ihn gebraucht.
Ein vorbeikommender Tiroler hat mir dann eine Alternative gezeigt. Ein Radweg nach der Autobahn. Diesen total ebenen Weg bin ich dann auch gegangen. Der Weg war oft kilometerweit schnurgerade und so kam ich auch gut weiter. Nur die letzten 2-3 Km, bei einem Nebenort von Rattenberg, began es wieder etwas zu regnen, aber ich bin flott ohne Regenschutz weiter gegangen. Und schon bin ich im heutigen Zielort einmarschiert. Der ganze Tag war geprägt von eher Einsamkeit. Darum erlitt ich beim Einbiegen in die Fußgangerzone einen Kulturschock. Habe ich mich verirrt und bin ich in Salzburgs Getreidegasse gelandet? So war das Bild, welches sich mir hier bietet. Ein Wahnsinn die laute Menschenmasse entlang der historischen Häuserziele mit unzähligen Souvenirläden und Lokalen. Das ist ein Herdentreiben im schlechtesten Sinn.
Mir war es bei immer stärker werdenden Regen auch nicht zum Bummeln und Schauen. Ich musste zuerst um ein Quartier schauen. Ein trotz der Massen von Urlaubern gefundener einheimischer Kellner verpasste mir den für diesen Tag letzten Tiefschlag. Es gibt in dieser Stadt nur eine einzige Unterkunft und das ist ein Gasthof in dieser Fußgängerstraße. Sonst müßte ich die 2-3 Km zum Nachbarort zurückkehren, dort sind Privatquartiere zu finden.
Nein, da gehe ich sicher nicht mehr zurück, schon gar nicht im inzwischen starken Regen und ich bin nach 30 Km müde ...
Ich probiere es im einzigen GH unterzukommen. Zimmer mit Frühstück 35,- naja nicht so schlimm wie befürchtet und ich handle noch 2,- Euro runter und kann umgehend meine schmerzenden Beine auf meinem Bett ausstrecken.

Nach einer wohltuenden Ruhepause und nachlassendem Regen, habe ich mich noch auf eine Besichtigungstour aufgemacht, wenn ich schon in so einem geschichtsträchtigen Ort nächtige. Sehr sehenswert ist die zweischiffige Kirche, getrennt für die Bürger und Knappen. Rattenberg selbst, ist nun für Glasarbeiten bekannt. Die historischen Häuser habe ich nur kurz besichtigt, weil es wieder stark zu regnen begann.

Das war in Kürze (oder doch nicht) mein Tag und jetzt im gemütlichen Bett sind alle Widernisse Geschichte. Der morgige Tag wird sicher besser (keine Kunst).

Ich grüße Euch alle und melde mich wieder, wenn es mich lüstet oder ich es notwendig habe - so wie heute.
Pilger Walter

Ps: Die 3 Stockwerke zu meinem Zimmer, habe ich heute, entgegen meiner sonstigen Gepflogenheit, mit dem Lift bezwungen.
PPs: Es schüttet gerade wieder, nachdem es vorhin fast schön geworden ist.

2 Kommentare:

  1. Lieber Walter -
    SUPER, WAS DU SCHON ALLES GESCHAFFT HAST - HERZLICHE GRATULATION!! Mehr als 10% Deines Weges, 2 Bundesländer bereits hinter Dir und die (tw) Sturschädltiroler ebenso bald!

    Denk an die schönen Dinge des gestrigen Tages - und auch der Hl. Jakobus wird Dir bestimmt bald besseres Wetter bescheren! Vielleicht wollte er Dich nur prüfen, ob Du auch bei extrem schlechten Wetter weitergehst - und er wird sehen, dass Du auch diese Prüfung bestanden hast!!! Den Hl. Geist in Lerchenfeld haben wir heute speziell für Dich angerufen - auch er wird Dir beistehen. Wir freuen uns immer sehr auf Deine Berichte und ich hoffe es hilft Dir - Dein Fortkommen wird von so vielen Leuten gelesen, wir werden immer wieder auf Dich angesprochen (auch z.B. heute wieder wegen des Treffens mit den Kindern) und sie freuen sich alle mit Dir, dass Du so gut vorankommst. Wenn Dein Lukas mal in der Schule von Frankreich, Spanien, lernen - wird er sagen, da war mein Opa schon als Pilger unterwegs - und das voller Stolz!! In diesem Sinnen wünschen wir Dir weiter viel Kraft und Gottes Segen auf Deinem Weg. Ganz herzliche Grüsse Ingrid und Werner

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  2. Hallo,

    wir leiden mit dir was das Wetter betrifft. Bei uns im Osten Österreichs war es jetzt immer schön aber im Westen will es nicht besser werden.
    Die Geschichte mit dem Schweißtuch ist ärgerlich. Leider bist du bei der Veronika schon vorbei, sie hätte dir vielleicht eins reichen können. ;-)

    Alles Gute, Lukas, Susanne & Klaus

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