Dienstag, 28. Juni 2011

Tue Gutes

Tue (dir) Gutes und rede darüber. Nach diesem Schlagwort habe ich mir heute Gutes getan und ich werde darüber berichten.

Das schönste Erlebnis des gestrigen Tages muss ich Euch auch noch berichten. Ich war um 16:30 bei der Vesper in der Basilika. Die gregorianischen Gesänge zu hören und Gebete mitzubeten, war ein sehr innerlicher Moment und auch ein Erlebnis. Und danach zogen alle Mönche (33 an der Zahl) in die Marienkapelle in der Kirche und sangen dort das Salve Regina. Ein guter Tagesabschluss war das.

Auch wenn es nun, ob der ewigen Schlafprobleme, schön langsam langweilig wird, über den heutigen Wenigschlaf muss ich Euch doch schreiben.
Mit meinem Pilgerkollegen saß ich am Abend im fast leeren Bildungszentrum und ich hätte vielleicht den Namen SJBZ des Quartiers hinterfragen sollen - Schweizer JUGEND und Bildungszentrum, denn es zog eine ca. 20-Personen große Jugendgruppe im Alter von ca. 16 Jahren ein. Sie gingen mit ihren Lehrern in unseren Trakt und sie werden doch nicht ..., dann gute Nacht "Gute Nacht"! JA, sie haben die Mehrbettzimmer rings um mein EZ bekommen. Gleich darauf gingen sie alle weg und wie ich mich müde um 21:30 schlafen legte, war alles ruhig und ich schlief gleich ein - wunderbar! Erquickende zwei Stunden Schlaf lagen hinter mir, als die gesamte Gruppe vor Mitternacht mit Hallo zurückkehrte. Die alten Türe wurden geschlagen, alle gingen in der einzigen Dusche duschen und aufs WC. Wie es bei aufgekratzten Jugendlichen üblich ist, alles mit entsprechenden Lärmpegel. Zweimal bin ich auf den Gang gegangen und habe höflich um Ruhe gebeten. Das hat dem Lärmpegel von 80Dezibel auf 70 reduziert. Das wäre eine Halbierung des Lärmpegels, aber jeder kann nachlesen, was geschätzt 70Dezibel in einem 70er-Jahre-Haus bedeuten. Hier kann man nur als Stocktauber schlafen.
Übe Geduld, es wird schon besser werden. Ja, nach einer Stunde war die Gruppe gewaschen und es kehrte fast Ruhe ein. Aber Jugendgruppen-Kundige wissen was dann kommt und genau so kam es auch. Schlafen mit unterschwelligen Lärmpegel vom Herumgerenne, Kudern und andere Lärmquellen, ist leider nicht meines. Aber Schicksalsergeben nehme ich das hin, mit der Hoffnung dass es ruhig wird oder ich doch wieder einschlafen werde. Anscheinend bedeutet Pilgern auch Schmerzen und Belastungen auch des Nachts. Dabei müssen meine Sünden doch längst gedilgt sein. Aber nein, jetzt geht es erst mit alten KGB-Methoden los - Schlafentzug!
Ich muss aber dann doch fast eingeschlafen sein, als mich um 2:30 schrilles Kreischen und Gekuder aus einem 4-Mädchen-Zimmer aufrecht im Bett sitzen ließ. Mehr Geduld brachte ich nicht mehr auf, schließlich ist der Schlaf ein wichtiges Erfolgselement für meinen JW. Ich muss das abstellen und gehe auf den Gang raus. Der Lehrer versucht gerade mit säuselnder Stimme die Mädchen zur Ruhe bringen - erfolglos. Ich fordere ihn auf sofort für Ruhe zu sorgen. Mit zartem Klopfen und flehend piepsender Stimme bat er um Ruhe: "Seid bitte etwas leiser!" kam über seine Lippen, doch die letzten beiden Worte waren kaum mehr zu hören, weil das Kreischen noch stärker wurde und in dem Alter schaffen Mädchen die Phonzahl eines Düsenjägers beim Start. Mit einfachen Methoden half da nichts mehr und ich hämmerte mit geballter Kraft an die Türe. Damit erreichte ich den Durchbruch und ein Verstummen der überdrehten Mädchens. Dem Lehrer gab ich noch ein paar Verhaltungsregeln mit und ich legte mich wieder in mein Bett. Eine Zeit brauchte dann das Einschlafen noch, aber ca. 3 Stunden werden sich dann noch ausgegangen sein. Um 6h wollte ich raus aus dem Bett, denn es wartete ein harter und sehr heißer Tag auf mich.

Heute ging ich nicht alleine weg. Erich ging mit flottem Schritt mit und der erste Teil ging recht kommod dahin. Wir hatten die beiden markanten Bergspitzen der Mythen als Richtungsweiser vor uns. Dann trennten wir uns aber, weil wir unterschiedliche Bedürfnisse hatten. Nach 5 Km musste ich wie üblich bei meinem Spinnzehen die Schmerzen wegmassieren. Ich überholte Erich dann bei seiner Pause und nachdem ich kurz in einer Kirche gebetet habe, sind wir wieder gemeinsam in den steilen Anstieg eingetreten. Zitat Erich: "Das ist ein aufgelassene Bachbett!" Genauso grobsteinig war der Weg und wieder, wie im Führer auch beschrieben, extrem steil. Und wieder ging geradewegs nach oben. Beim Anstieg haben wir uns wieder getrennt, jeder ging seinen Schritt. Wobei "ging" der falsche Ausdruck ist, "kämpfte" wäre passender. Wir mussten von den 400Hm 2/3 im direkten Hochsteigen bewältigen. Erst dann ging es mit einem normalen Anstieg weiter. Und erst dann konnte ich auch die gigantische Bergwelt bewundern. Vorher hat der Schweiß meine Brillen verpickt. Es war sehr heiß und die Luftfeuchtigkeit war/ist schon sehr hoch (morgen soll es gewittern und unwettern).
Der Vorteil beim steilen Hochsteigen ist, dass man dann doch rasch den höchsten Punkt erreicht und das Hagenegg war mit 1414m der höchste Schweizer Pass am JW. Gleich nach der Passhöhe war dann eine wunderbare Dursttankstelle - sprich Gasthaus. Da kehrte ich auf eine Apfelschorle ein, denn der Extremanstieg und der gigantische Blick auf den Vierwaldstättersee waren das wert. Man schaute direkt hinunter ins Tal, dort wo man hin musste, 1000Hm tiefer.
Beim Weggehen traf ich nochmals Erich und endgültig verabschiedeten wir uns, denn sein Etappenplan war kürzer.
Jetzt ging es einmal 900Hm direkt hinunter - ein Wahnsinn, wenn ich einmal vorsichtig gehe, damit ich mit dem beidseitigen Stockeinsatz nicht wegrutsche, das heißt was. Dafür ist man auch rasch im Tal und ich hatte keine Knieprobleme.
Dafür bekam man heute fast Hitzeprobleme, es hatte an die 33 Grad. Im Radio sprachen sie von 34-35 Grad.
Das war im Ort Schwyz, von ihm kommt der Landesnahmen, fast wie ein Keuleschlag, nach der doch etwas frischeren Luft am Berg.
Ich musste mich dann bis Brunnen am Vierwaldstättersee in der Mittagshitze durchkämpfen (leider an der Straße, weil ich den Weg verloren habe). Und beim Gehen habe ich für mich die erste gute Tat beschlossen. Ich hatte schon 25 Km in den Beinen und bis zu meinem Etappenziel wären es noch über 12 Km, weil ich gestern weniger gegangen bin. Die würde ich zwar schaffen, aber um welchen Preis. Auf der anderen Seeseite würden wieder 400Hm steiler Anstieg warten und es würde eine späte Ankunft werden und dann wäre noch die Quartiersuche angesagt. Nein, das reicht für heute. Ich muss mein Ziel nicht aufs Spiel setzen.
Man muss den Vierwaldstättersee (schaut im Atlas seine interessante Ausdehnung an) mit einem Schiff von Brunnen nach Treib überqueren. Und diese Möglichkeit nutze ich für mich und fahre gleich weiter bis zum Etappenziel in Beckenried.
Das war ein Genuss, auch wenn das Schiff überfüllt war. Ich fand zum Glück einen schattigen Sitzplatz und konnte die vorbeiziehende Landschaft genießen. Aber ich sage Euch, die Füße taten auch beim Nichtgehen weh.

In Beckenried habe ich mir bei der Info den Quartierausweis geholt und habe studiert, was gut und passend sei. Ich will einmal ein normales Quartier haben und wäre bereit bis zu 60 CHF dafür zu zahlen. Ich fand so eine Hotelpension an der Seenstraße und marschierte los.
Ja, es ist ein Zimmer frei, aber es kostet, 63 CHF.
Billiger geht es nicht?
Nein, nur im nächsten Ort und das sind Lagerquartiere.
Nein, dann nehme ich das Zimmer.
Ob ich auch mit einem kleinem Zimmer zufrieden wäre?
Ja, natürlich.
Das würde nur 53,- kosten.
Pilgerherz was willst Du mehr. Das ist meine 2. gute Tat für mich. Ich kriege im hinteren Gartenhaus ein kleines Zimmer, aber passend groß genug.
Das Hotel und der Garten haben einen morbiden Charme und wird von einer liebenswerten älteren Frau geführt. Die gesamte Einrichtung wird ihr Alter haben :-)
Ich bin zufrieden, da werde ich heute sicher gut schlafen.
Nach der täglichen Wäsche der Kleidung gönnte ich mir ein wohltuendes Bad in kühlenden Vierwaldstättersee (wer von Euch hat hier schon gebadet?). Das war die 3. gute Tat, mit einem innerlich kühlenden Bier.

Jetzt muss ich aufhören, mir knurrt der Magen und muss mir noch ein Restaurant suchen.
Euer Pilger Walter

6 Kommentare:

  1. Hallo!
    Naja diese Züge von Jugendlichen sind mir durchaus geläufig und auch ganz normal, bei einer Sommerreise der kath. Jugend kommt sowas natürlich mit Sicherheit nicht vor!
    Ich finde es gut wenns mal so richtig warm ist zum Gewöhnen, weil du wirst noch viele sehr heiße Tage auf dem Weg haben.

    Liebbe Grüße
    Peter

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  2. Das war jetzt ein wenig zweideutig ausgedrückt und man kanns nit ändern.
    Gemeint ist, dass es gut ist mal sich daran ein, zwei Tage zu gewöhnen als dann in Spanien plötzlich die extrem Hitze die man noch nie hatte!

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  3. Hallo Pilgerbruder
    ich habe dir versprochen sobald ich
    Möglichkeit habe deinen Blog zulesen
    wede ich es tun. Und hier im Hirschen
    in Schwyz habe ich es. Ja auch bin noch
    angekommen der auf- sowie der Abstieg
    waren beschwerlich.
    Buono Camino und liebeb Grus Erich

    wieder ein Mehrbettzimmer aber für mich
    kein Problem. Morgen werde ich vermutlich
    das selbe machen wie du: mit dem Schiff ab Brunnen
    bis Beckenried.
    Es war schön mit dir die wenigen Schritte zu gehen.
    Ich hab viel profitiert.
    Buono Camino und lieben Gruss Erich

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  4. Lieber Pilgerfreund!
    Du hast vor deiner Abreise viel trainiert, aber offensichtlich das Training mit Jugendlichen übersehen - unsere Jungs in Hochform hätten dir da sicherlich ein wenig Abhilfe schaffen können...
    Na, auf alle Fälle wünschen wir dir heute Nacht die absolute Ruhe, dass sich dein Körper endlich wieder mal so richtig ausschlafen kann. Es muss heute toll gewesen sein, hoch oben auf den Bergen und bei dem tollen Wetter die herrliche Aussicht - und dies auch mit einem netten Pilgerkollegen gemeinsam zu geniessen (wir wünschen auch Erich ein gutes Weiterkommen). Deine Wege lesen sich dzt wie die Börsenkurse - nur Hochs und Tiefs (wobei die Hochs an der Börse zZt nicht so aktuell sind) - wieviele Höhenmeter hast du eigentlich schon, hast du da Aufzeichnungen? Wäre interessant für deine interessierten Wegbegleiter im Geiste. Muss heute auch toll gewesen sein, im Vierwaldstätter See zu baden, der Körper hat es sicher genossen (sein Besitzer offensichtlich auch).
    Übrigens hatten wir heute SEHR netten Besuch bei uns und durften auch ein Hochzeitsvideo sehen - neben den sehr hübschen Brautleuten auch einen stolzen Bräutigamvater und Opa!!
    Lieber Walter, für morgen eine angenehme Reise und viel Spass bei Deinen Schiffs-Freunden,
    Ingrid und Werner

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  5. hallo pilger walter! danke für deinen ausführlichen bericht. muß ein tolles gefühl sein einen wegbegleiter, wenn auch nur für kurze zeit, gefunden zu haben. haben heute deine 10 ge(h)bote gelesen und dann an deinen emotionalen tagesbericht denken müssen. hoffen du kennst sie auswendig, bzw du hast sie bei dir. sie sind echt toll. wünschen dir heute eine ruhige, erholsame nacht. die ersten warmen tage sind zum eingewöhnen auf spanien, da wird es nämlich noch um ein paar grad wärmer werden. also dann bis zum nächsten mal. alexandra und werner

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  6. Hallo
    Liebe Grüße von den Walker/innen
    Grabners,Henrike ,Annick, Roswitha+Helmut, Fritzi und zuletzt Ich-Kath

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