Montag, 20. Juni 2011

Hab Regen von oben und Sonne im Herzen

Lieber Gott!
Ich danke Dir, dass Du mein gestriges Gebet erhört hast und mir für heute einen erträglichen Tag geschenkt hast. Dafür lobe und preise ich Dich.
Ich bitte Dich um Deinen Segen für den weiteren Verlauf meines Jakobsweges.
In Zukunft werden wir wieder die stille Art des Gespäches pflegen.
Dein treuer Diener und Pilger, Walter

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Liebe Freunde eines Jakobspilgers.

Heute war ein großer und wichtiger Tag. Das Dach dieses JW ist überschritten. 1845 Meter war heute der höchste Punkt und zugleich dieser Pilgerreise. Kein Berg, den ich noch bezwingen muss, ist höher als der Arlberg. Und ich muss sagen, es war fast ein Klacks. Aber davon später.

Der Morgen begann wie üblich. Grau in grau der Himmel und 5 Grad. Beim Frühstück begann es zur allgemeinen Freude wieder einmal zu regnen. Kein Problem. Ich habe für heute, in Anbetracht der Bergwertung, eine kürzere Etappe eingeplant (knapp 20 Km). Somit warte ich eine Stunde zu und dann ist zum Glück wieder eine Regenpause. Hurtig mache ich mich auf den Weg und marschiere aus St. Anton gut ansteigend raus. Beim Karl-Schranz-Hotel lasse ich die letzten Häuser hinter mir und bald darauf auch die Arlbergstraße und es wird still um mich. Nur meine Schuhe sind dumpf am festen Boden zu hören, die Stöcke, meine Geh-Begleiter, klappern bei jedem Stockeinsatz und die Vögel um mich singen ihre morgentlichen Arien.
Und ich höre mich selbst. Es geht mir gut und ich bin stark drauf. So macht mir auch der aufkommende leichte Regen nichts aus. Wenns dir zuviel wird, (un)geliebter Regen, dann hörst du schon auf - so denke ich es mir.
Bald ist der gemächliche Anstieg vorbei und es geht an die Sache. Nach der Stiegeneckkapelle (warum sie so heißt wird mir gleich klar) geht es einen sehr steilen Steig nach oben, bis ganz oben ohne Verschnaufstrecken. Aber ich gehe meinen starken Schritt nach oben. Genau so, wie wenn ich bei der Vorbereitung den Steilhang zur Mugel raufgegangen bin. Nur ist der Steig hier sicher 3x so lang.
Auf einmal Juchee! Was leuchtet hier so gelb aus dem grünen moosigen Waldboden? Richtig, es sind die ersten Eierschwammerl der Saison. Und zugleich Enttäuschung: Ich kann sie nicht mitnehmen. Schwammerlsuchen und den Pilgerweg bezwingen passt nicht zusammen. Dafür kann sich mein Blick an den Almrauschblüten, die weiter oben noch reichlich vorhanden sind, erfreuen. So geht es abwechslungreich nach oben und schneller als gedacht bin ich oben beim Maiensee. Zuerst wollte ich es gar nicht glauben, dass ich schon oben bin und die fast 600 Höhenmeter Anstieg waren geschafft. Stolz habe ich mich vor der Höhentafel selbst fotografiert - siehe Foto.
Mit dem Erreichen des höchsten Punktes meiner Pilgerreise ging es gleich wieder weiter und nach St. Christoph hinunter. Und dieser Weg war durch die Nässe sehr gefährlich. Schon der Aufstieg war durch die nassen Steine und Wurzeln kein Honiglecken und ich musste sehr konzentriert gehen. Aber vom Maiensee nach St. Christoph war es sehr rutschig. Es ist dort sehr nass und sumpfig und man hat Holzbretter zum Bewältigen dieser Sumpfwiesen aufgelegt. Aber durch den Regen waren die äusserst glitschig. Und dann war es soweit! An einer langen Bretterstrecke bogen sich die Latten durch und Wasser überspülte das Holz. Was dann ablief würde jedem Comic-Heft zur Ehre gereichen. Ich sehe es noch vor mir. Auf einmal waren meine Beine waagrecht vor mir auf Hüfthöhe und ich plumpste mit meinem Sitzteil und vollem Gewicht inkl. Rucksack auf die überschwemmten Better und in den angrenzenden Sumpf. Bravo, gut gemacht! Zum Glück habe ich mir nicht weh getan. Aber ich war von unten bis zum Hintern waschlnass und dreckig. Toll, was nun? Schließlich hat es hier keine 5 Grad und ich bin nass und schaue wie eine Sau aus. Es hilft nichts, ich muss weiter und in Bewegung bleiben. Zum doppelten Glück habe ich eine tolle Hose an, die sehr schnell trocket. In St. Christoph, das schnell erreicht war, spürte ich die Nässe kaum mehr. Ich will aber, so wie ich aussehe, dann gar nicht in eines der berühmten und noblen Hospitzgebäude eintreten. Ich marschiere einfach über die Arlberg-Passhöhe (1800m) weiter und steige gleich ab.

Auf der voralberger Seite des Arlbergs regnete es nicht mehr und das war beim Abstieg in den markierten Almboden angenehm, weil die vielen Steine trocken waren und der Tritt sicherer wurde. Am Almboden angekommen war aber kein Steig und Markierung mehr zu finden, weil hier mehrere kleine Bächlein mäanderten und dazwischen war alles sumpfig - super, hierher leiten sie den Weg und die Pilger. Hoch oben geht die Bundesstrasse und ich blicke sehnsüchtig nach oben, aber da hinaufkommen ist fast genauso unmöglich. Ich versuche, so gut es geht durchzukommen, aber es war aussichtslos. Wie ich mit dem Schuh fast ganz versunken bin, musste ich umdenken. Ich habe mich dann doch die ca. 30-40 Meter an der extrem steilen Straßenböschung hinaufgekämpft. Ohne die Stöcke wäre es nicht möglich gewesen. Dafür ging es dann flott die Arlbergbundesstraße runter. Bald habe ich den Weg wieder gefunden und jetzt war er gut begehbar. Dafür führte er später durch ein erweitertes Bachbett, welches bei Hochwasser überschwemmt wird und so war dann auch die Wegqualität. Aber heute konnte mir nichts meine Laune vertreiben und ich marschierte immer tiefer ins Klostertal runter. Mein Ziel war Klösterle und wenn möglich ohne die "Klostertaler", die hier eine Openair-Bühne haben.
Bald fand ich ein tolles Zimmer und sehr nette Hauswirte. Ich bekomme ein Stück Torte spendiert und kann meine ganze Wäsche in der Maschine waschen (ahh praktisch!). Für dieses schöne Zimmer zahle ich 25,- Euro und kann morgen auch die Sauna nutzen. Morgen ist nämlich mein 2. Ruhetag. Somit bin ich schon 2x 9 Tage gegangen. Ich bin sehr zufrieden mit mir.

Pilger Walter grüßt Euch und macht morgen eine Berichtspause. Da können dann sich auch die von der kleinen Handytastatur schreiblädierten Finger erholen.

3 Kommentare:

  1. Lieber fliegender Pilger - heute sind wir von deinem Foto - das sicherlich für dich ein großartiger Moment war... - etwas enttäuscht! So ein Flugfoto mit waagrechter Beinhaltung im Gatsch ankommend - das wäre mal eine Abwechslung gewesen, meinst nicht auch??
    Lieber Walter, Spass beiseite - wir bewundern deine heutige "Höhenüberquerung" und dem Extraaufstieg zur Bundesstrasse - eine super-tolle Leistung von dir. Den morgigen Ruhetag mit Saunagang hast dir wirklich verdient nach diesen tollen Leistungen bisher!! Hoffentlich hast du die Sauna auch heute schon ordentlich genutzt - es ist nicht zu spassen, mit nasser Kleidung zu gehen - pass auf, dass du dich nicht verkühlt hast! Wieviele Tage wirst du noch in Österreich maschieren?
    Nochmals einen erholsamen und angenehmen Ruhetag (auch beim Schreiben) - bis bald! Liebe Grüsse Ingrid und Werner

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  2. HALLO Pilger, Wir gratulieren dir zu deiner bisherigen Leistung.Verfolgen schon seit einigen Tagen deine Berichte und freuen uns immer über deinen Erfolg. Wünschen dir morgen einen erholsamen Tag.Alexandra u. Werner aus Oberaich

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  3. Hallo Walter,
    vorerst unsere allerhöchste Gratulation zu Deiner bisherigen Leistung. Wir verfolgen Deinen Camino regelmäßig auf deinem blog und sind sehr oft in Gedanken bei Dir und auf dem Weg, den wir ebenfalls bereits gegangen sind. Auch wir haben in Klösterle ein Etappenziel gehabt, die Leute dort sind sehr nett, zuvorkommend und hilfsbereit. Genieße heute Deinen wohlverdienten Ruhetag und pflege Deinen Körper. Für Deinen weiteren Weg viel Kraft, Energie, Ausdauer und gute Laune. Der HERR sei mit Dir !!!
    Herzlichst Dein Helmut mit Elvira aus Mautern

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