Freitag, 2. September 2011

Da geht die Post ab

Liebe Freunde!
Wenn die Spanier feiern, dann geht die Post ab, wie man so sagt. Diese überschwängliche Lebenslust steckt alle an. Von Jung bis Alt, alle kommen und feiern die einzelnen Programmpunkte. Die Jugend ist natürlich am Ausgelassensten. Vor den Bars im Zentrum wird musiziert und voller Lebenslust gesungen und getanzt. Die meisten Menschen sind gruppen- oder familienweise mit einheitlichen bunten Dresses, a la Clownkostüm, unterwegs.
Ein besonderer Programmpunkt des Festes Gracias, war am Abend die Blumendankprozession zur Marienstatue in der Kirche Santa Maria. Hunderte Menschen, begleitet von Musik und Kastanettentänzern bringen ihre Blumenspenden dar. Es ist ein überwältigendes Erlebnis. Es schiebt sich in der Kirche, wie bei uns bei der Lebenden Krippe, nur mit x-fach mehr Menschen und mit fröhlichem Treiben. Um 21:30 beginnt ein Openair-Konzert am großen Platz, welches bis 1:00 angesetzt ist. Dieses Konzert gebe ich mir nur kurz und ich versuche in meinem Quartier eine Mütze Schlaf zu finden.
Denn der letzte Programmpunkt der Feierlichkeiten, aber an jeden der vier Festtagen, ist der Marsch durch die Straßen um 04:15 in der Nacht!!!
Vom Pensionswirt habe ich extra Ohrstöpsel geschenkt bekommen, damit ich schlafen kann. Sie sind besser als die meinigen und so kann ich wirklich fast ungestört schlafen. Nur den lauten Rundgang um 1/2 5 Uhr früh, könnten auch die besten Ohrstöpsel nicht dämmen. Mit Musik zog die Jugend laut johlend und tanzend durch die Straße, aber das war nur eine kurze Störung und ich dämmerte bald wieder weg.

Die aufmerksame Bewirtung der Pension Wasala gehört gelobt. Hier fühlt man sich sehr wohl. Erstmals, seit der Schweiz, gibt es ein ordentliches Frühstück. Am Teller warteten schon ein Aufstrichbrot, ein kleines Käsebaguette, zwei Marmeladebrote und ein Joghurt mit frischen Früchten. Dazu gab es Orangensaft und genügend Tee. Das hat gut geschmeckt und mit dem Wirt war gut zu plaudern, in deutscher Sprache.
Beim Weggehen hat der Wirt mich noch bis auf die Straße begleitet und mich verabschiedet.

Der JW führte dann durch die Bar-Straße aus der Stadt hinaus und hier zogen um 1/2 8 auch die letzten Feiernden nach Hause. Es wurde ein amüsantes Gehen, denn die Jugendlichen grüßten gut beschwipst beim Vorbeigehen.

Im Strom der anderen Pilger ging es dann zuerst gemächlich ansteigend bis Villafranca Montes de Oca und dann um einiges steiler den Pass hoch. In Summe waren heute etwa 400Hm zum Hochsteigen.
Irgendwie merke ich nun doch schon die vielen Gehkilometer. Obwohl ich vermutlich gleich gut unterwegs bin, fällt mir heute das Gehen schwerer. Schön langsam sehne ich mir das Ende des Gehens und mein Ziel näher. Es sind zwar jetzt nur mehr 20 Gehtage, aber auch die müssen erst gegangen werden und es warten noch einige Herausforderungen.

Ein Umstand, dass das Gehen mühsamer wird, ist, dass sich nun Verschleißerscheinungen in den Beinen ankündigen. Seit einer Woche spüre ich im linken Knie an der Innenseite beim Knochen einen Schmerz. Bisher spürte ich das nur im Ruhezustand und bei Berührung. Aber nun verspüre ich auch beim Gehen hin und wieder einen leichten Schmerz, der mich aber noch nicht behindert. Aber das Hineinhören in den Körper und das Bangen, wird es ein Problem und was hat das für Folgen, das belastet etwas die Motivation. Morgen in Burgos werde ich mir eine Kniestütze kaufen, vielleicht kann ich damit Ärgeres verhindern.

Mit dem heutigen Tag hat sich die Landschaft total verändert. Der höchste Punkt den ich heute erreichte, war auf 1.200m und so dominieren hier Pinien, strauchartige Eichen, Koniferen und lila bis violett blühende Erikagewächse.
Der Weg über diese Passanhöhe, auf der es kilometerlang dahin geht, ist kein Weg, sondern gleicht einem ausgetrockneten Flussbett. Hier wurde eine breite Feuerschneiße durch den Wald geschlagen und der JW führt teilweise über unwegsame Steige.

Die Kirche von San Juan de Ortega ist glücklicherweise offen und ich kann sie nach einem Gebet kurz besichtigen. Hier hat der Baumeister eine architektonische und astrologische Meisterleistung vollbracht. Durch eine Öffnung dringt zweimal im Jahr, am 21. Juni und am 22. September um genau 17h für 10 Minuten ein Lichtstrahl in die Kirche und beleuchtet hintereinander die Verkündigungsszene, die Geburt Christi und den Besuch der Hl. Drei Könige.
Leider bin ich um 20 Tage zu früh unterwegs, um dieses besondere Ereignis selbst erleben zu können.

Mit dem Quartier in Ages habe ich einen kleinen Fehler begangen. In der modernen und guten Herberge gibt es auch Zweibettzimmer, welches ich auch zum hohen Preis von 36€ nehme. Viel Auswahlmöglichkeiten gibt es auch nicht. Das Hotel wird dann preislich auch ähnlich liegen.
Die Zimmer sind modern und sauber. Sie haben aber kein Fenster, nur ein Glassteinelichtband. Das wäre noch nicht das Problem. Erst später bekomme ich mit, dass ober der Türe und ober der Badezimmerzelle, keine Wände sind und so hört man die Nachbarn und die Geräusche der Herberge und Bar voll im Zimmer. Wir werden sehen, wie das des Abends sein wird. Zur Not schlafe ich heute auch wieder mit den Ohrstöpseln.

So liebe Freunde, nun verabschiedet sich Euer etwas angeschlagener Pilger Walter für heute von Euch. Ich hoffe, das mein Knieproblem sich nicht verschlechtert und ich meinen JW mit voller Energie fertig gehen kann.
Nur mehr 20 Tage!
Euer Pilger Walter

2 Kommentare:

  1. Buenas dias, Walter! Ja, ein schönes Fest hattest Du Dir ja noch gewünscht, also auch erhalten. Aber ich fand auch die übernächtigten Jugendlichen am nächsten Tag noch sehr freundlich; beim Namen Belorado muß ich wahrscheinlich auch in 10 Jahren noch schmunzeln.
    Mit der Kniebandage das ist eine gute Idee, auch Magnesium hilft gut bei diesen Überlastungserscheinungen. Am besten hilft wahrscheinlich ein Gebet u. eine Pause. Bald erreichst Du ja Burgos mit der wunderschönen Kathedrale. Es gibt einen angenehmen Weg am Fluß u. am Kloster Cartuja de Miraflores entlang. Den haben wir damals nicht gefunden, aber wir hatten einen Pausentag u. ich habe ihn dann v. Burgos aus rückwärts gefunden.Ich weiß Dich behütet u. wünsche Dir eine erholsame Nacht und buen camino! Martina

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  2. Hallo!
    Die die Feste der Spanier sind konnten wir vor 23 Jahren schon erleben bei deinem ersten Besuch von SdC, ein buntes Treiben mit viel Musik bis in den Morgen hinein.
    Die Geschichte mit deinem linken Knie ist natürlich äußerst unangenehm, aber der heilige Jakobus hat dich schon 80% des Weges begleitet und ich denke er wird dich auch auf dem letzten Stück beistehen und wenn die Schmerzen doch mal zu stark sind, dann genehmige dir ein Achterl spanischen Rotwein, das hilft immer ;-)
    Liebe Grüße und alles Gute
    Peter

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