Ihr dürft für mich laut herunter zählen. Nun sind es nur mehr 9 Gehtage bis zum Ziel. Es ist für mich selbst unglaublich, dass ich es so weit und bis kurz vors Ziel geschafft habe.
Gleich nach Astorga wunderte ich mich, warum einige Pilger auf die andere Straßenseite wechselten und dann sehe ich es warum. Am Straßenrand steht eine kleine Kirche, die Ermita del Ecce Homo. Schon zu so früher Stunde ist sie offen und eine ältere Frau stempelt die Pilgerpässe ab und verteilt kleine Kärtchen mit einem Marienbildnis und einem Gebet. Sie bittet auch, seine Daten in ein Buch einzutragen.
Die Pilger vor mir, betreten die Kirche gerade einmal einen Meter, bis hin zum Tisch der Frau, damit ihr Pass abgestempelt wird und das eigene Ego befriedigt wird. Für die Kirche selbst oder ein Gebet für ihren "Pilgerweg" verschwendet keiner einen Blick oder einen Gedanken. Lieber Jakobus schau weg, was da in Deinem Namen passiert.
Noch in Astorga beim Hinausgehen fand ich eine Bar, wo ich gemütlich frühstücken konnte. Beim Essen beobachte ich auf der Straße die Pilger, die im Finsteren vorbei eilen und im Lokal fällt mir ein schweigsames Pilgerduo auf. Zwei ältere Herren, die ich auch am Weg schon ein paarmal getroffen und gegrüßt habe, aber von denen ich kaum eine Antwort erhalten habe. Sie sind mit ihrem Frühstück früher fertig und ziehen weiter. Aber schon nach ca. 4Km, im nächsten Ort, sehe ich sie bei einer Bar sitzen und sie nehmen gerade ihr zweites Frühstück ein. Bei der Essensfrequenz werden sie lange für den Weg brauchen und sie werden nicht nur hinten einen Rucksack haben.
Es ging heute leicht ansteigend durch eine unfruchtbare Gegend, die Maragateria, die aber einen kargen Charme ausströmt. Im milden Licht der Morgensonne ist diese Landschaft besonders reizvoll.
Da höre ich ober mir von einer Stromleitung einen Vogel sein langgezogenes "Triiiriit" unablässig rufen. Kurz bleibe ich stehen und beobachte ihn und höre seinen seltsamen Rufen zu. "Was willst du mir sagen, kleiner Vogel? Guten Morgen?" Den wünsche ich dir auch.
"Düdeldüü, düdeldüü". Der Camino-Funk bringt folgende Meldung:
"Stau am ansteigenden Teil des Caminos vor Sta. Catalina de Somoza" Die Pilger werden zur Vorsicht gebeten und mögen Platz machen, damit der schnelle PGV seinen Zeitplan einhalten kann. Die Pilger werden auch aufmerksam gemacht, sich auf Grund des Stauverhaltens rechtzeitig einen Baum zum Austreten zu suchen. In diesem überfüllten Streckenabschnitt wird das Gehen sonst zur Qual".
Der Boden in diesem Landstrich läßt keinen Ackerbau zu. Hier wuchs nur mehr hohes Gras, welches sich nun trocken und gelb im Wind wiegt. Viele Büsche und einige niedrige Bäume gibt es. Etwas später gibt es auf der rechten Seite einen Pinienwald mit in Reih und Glied gepflanzten Bäumen und linker Hand leuchtet eine weite Fläche mit voll blühenden Erikastauden.
So wechselt auch in diesem kargen Land die Vegetation. Es wachsen dann noch niedrige Eichenbäume und Ginsterbüsche. Mir gefällt diese Landschaft, die durch die Vormittagssonne schöne Schattenspiele generiert und der azurblaue Himmel ist dazu ein toller Kontrast.
Beim schwierigen Anstieg nach Rabanal del Camino begleitet für mindesdens einen Kilometer ein Maschenzaun den Weg. Hier haben wieder ungezählte Pilger in den Zaun improvisierte Holzkreuze geflochten - wie schon vor n Tagen und vielen Km, die Orte selbst kommen mir schon durcheinander. Es sind hier sicher viele hunderte Kreuze aufgereiht.
Ich habe mich bei dieser Kreuzmanie nicht beteiligt. Meine Kreuze beginnen bei der Stirn, gehen zur Brust und dann links und rechts zu den Schultern. Und das bei jedem Wegkreuz und jeder Kirche. Das waren auch schon tausende Kreuze.
In Rabanal des Camino finde ich eine Bar für die körperliche Stärkung und dann auch eine offene, wenn auch mit einem Eisengitter gesicherte Kirche, für die seelische Stärkung. Das Kircheninnere ist mit prunkvollen Altären sehenswert. Beim Vorbeigehen an diesem Kirchlein würde man diese Pracht hier nicht vermuten.
Und weiter ging es zum Etappenziel Foncebadon, kurz vor dem Cruz de Ferro. Zuerst langsam ansteigend und dann auch über steile und unwegsame Wege gehend, führte heute der Weg etwa 560Hm nach oben. Foncebadon liegt in einer Höhe von 1.424m und ist nur eine kleine Ansammlung von etwa 10 Häusern, davon sind vier Herbergen und ein Hostal. Viele verfallene Häuser zeugen von einer besseren Zeit. Der Bergort war früher eine wichtige Pilgerherberge und im 10. Jahrhundert fand hier sogar ein Kirchenkonzil statt. Erst seit dem Jahr 2000 geht es mit Foncebadon langsam bergauf.
Ich bin glücklich, in diesem Ort mit nur einem Hostal, mein gutes, wenn auch nicht billiges Zimmer, bekommen zu haben.
Somit geht es dem Pilger Walter sehr gut und er schickt von den Bergen ein fröhliches Juhei nach Hause.
Euer Pilger Walter
Gut gemacht, Pilger Walter,
AntwortenLöschenDu hast heute Quartier bezogen, wo wir vor 3 Jahren Walzer getanzt haben.(siehe Kommentar von gestern!)
So kritisch kenne ich Dich gar nicht. Mehr Toleranz, lieber Pilger, jeder wie er will!
Wir werden mit Dir die Tage mitherunterzählen, zähle aber nicht zu schnell, die Zeit vergeht ohnehin fast immer viel zu schnell. Elvira ist auf unserem Camino die letzten Tage immer langsamer geworden, weil sie traurig war, dass der Weg bald zu Ende ist.
Alles Gute weiterhin. Buen Camino!
Helmut und Elvira
Buenas, querido Walter!
AntwortenLöschenEs wäre schon interessant zu wissen, wie viele "Mitpilger" Du durch Deine interessanten Tagebuchnotizen hast. Wir laufen wirklich alle mit-in Gedanken!
Wer zu sich gekommen ist, der ist auch fähig, zu den Menschen zu kommen, in ihren Herzen anzukommen. Von ihm geht etwas Angenehmes aus.
Man spürt ihm an, dass er bei sich angekommen ist. In seiner Nähe fühlt man sich wohl. Die Sehnsucht anzukommen am Ziel, bei Gott, bei sich selbst, ist zugleich die Verheißung, dass sich auch die Beziehungen zu den Menschen wandeln. Pater Amselm Grün
Hallo Walter!
AntwortenLöschenIch hoffe, dass man den Camino-Funk überall gut empfängt, damit sich deine Weichenstellung nicht verändert.
Ein Juhei zurück!
Lg, Gerald
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