Vor 23 Jahren wurde ich mit dem Virus Jakobsweg infiziert. Bei der Pilgerfahrt mit dem Bus nach SdC zur 800-Jahrfeier der Jakobikirche habe ich den Mythos und die Kraft des Pilgerns zum Grab des Hl. Jakobus gespürt. Den Gedanken, einmal zu Fuß von St. Jakob bis nach SdC zu pilgern, bin ich nie losgeworden. Aber mit Familie, für die zu sorgen war, mit dem Job und der damit verbundenen Verantwortung hat dieser Traum in mir immer nur geschlummert, ohne dass sich die Chance zeigte, ein wirklicher Jakobspilger zu werden.
Vor etwa drei Jahren war ich dann von der Firma aus, bei einem Motivationsseminar und hier wurde der Traum zur möglichen Wirklichkeit. Der Trainer forderte die Teilnehmer auf, für sich persönlich aufzuschreiben, welches Ziel sie hätten. Nachdem meine beruflichen Ziele in Anbetracht meiner bevorstehenden Pensionierung keine Rolle mehr spielten, schrieb ich auf den Zettel: "Den Jakobsweg gehen".
Am nächsten Tag forderte uns der Trainer auf, diesen Zettel wieder hervorzuholen und aufzuschreiben, was jeder tun muss, dass sein Ziel erreicht wird. Ich schrieb nur ein Wort: "Gehen". Das war der Startschuss um meinen Traum zu verwirklichen. Etwa zwei Wochen trug ich diesen Gedanken mit mir herum und dann war ich mir sicher, wenn ich in Pension gehe, dann gehe ich den Jakobsweg. Ich informierte meine Familie, die nach der natürlichen Erstreaktion "Du spinnst!", mich immer unterstützte und erzählte mein Vorhaben auch meinem ganzen Umfeld. Das sollte mich davor bewahren vielleicht einen Rückzieher zu machen.
Der Rest ist meinem Umfeld hinlänglich bekannt. Wie es mir eigen ist, begann ich zu planen und Schritt für Schritt bereitete ich die Pilgerreise vor. Das Wichtigste bei so einem großen Vorhaben ist die körperliche und mentale Vorbereitung und die ist mir,wie man sieht, sehr gut gelungen. Alles was planbar war, war gut oder wurde laufend angepasst und auch mein miserables Sprachentalent habe ich leidlich gut verbessern können.
Jetzt stehe (momentan sitze ich zwar im Bett) vor den Toren von Santiago de Compostela und ich bin zu Fuß quer durch Europa mit Gottes Segen und der Hilfe vom Hl. Jakous hierher gepilgert.
Ihr könnt Euch nicht vorstellen, was das für mich bedeutet. Ich habe das natürlich für mich, mein Innerstes, getan, aber auch für meine Kirchengemeinde St. Jakob. Und ich habe das für meinen Glauben zu Gott getan. Das liebevoll gestaltete Kreuz an meiner Brust (Danke Franz!), habe ich stolz vor mir hergetragen und es hat mich beschützt.
Morgen werde ich also auf den schönen Platz vor der großen Jakobskirche treten. Ich werde die Schwelle der Kathetrale überschreiten und meine Hand auf die abgegriffene Säule mit dem Apostel legen. Ich werde die Jakobsfigur umarmen und vor seinem Grab in die Knie gehen.
Eure Wünsche und Gedanken werde ich dabei mitnehmen.
Vier Tage habe ich mir dann Zeit gegeben, um diesen erreichten Traum zu erleben und zu verarbeiten. Ich werde aber nicht nach Finisterre gehen oder fahren. Mein Ziel war immer das Grab des Apostels Jakobus.
Nun ist es schwer, auf diese Gedanken den heutigen Tag zu beschreiben. Es war und ist es noch immer, ein grauer nebliger Tag, fast ein Novembertag. Dieses Wetter war auch drückend. Lange Zeit wollte es am Morgen nicht wirklich hell werden. Beim Marschieren durch die dichten Wälder mit Eichen, Kastanien und Eukalyptus blieb das Dunkel der Nacht lange hängen.
In dieser Stimmung ging ich ganz alleine und langsamer für mich dahin. Die anderen Pilger waren zwar in Massen da, aber in meinen Gedanken ignorierte ich sie oder die meisten davon. Heute habe ich aufgehört alle zu grüßen, die ich traf. Ich bekomme doch oft keine Antwort oder nur eine flüchtige. Nur die Pilger grüßte ich, wo ich mir eine Spur Aufmerksamkeit erhoffte. Alle anderen, die in Gruppen gingen, unterhielten sich mit ihren Mitgehern.
In der Bar beim Frühstück sitzt ein Franzose geknickt und sagt mir, dass es nicht mehr weiter kann und zeigt mir sein dick bandagiertes Knie. Er fährt mit dem Taxi weiter. Er tut mir leid, so kurz vor dem Ziel.
Gestern bin auf der Restaurantsuche bei einem Schuhgeschäft vorbei gekommen und bekomme einen Schock. Hier werden schon Pelzschuhe in den Auslagen ausgestellt. Ist das Jahr wirklich schon so weit fortgeschritten? War ich so lange unterwegs? Wie ich weggegangen bin, waren noch die Frühlingswaren in den Schaufenstern und jetzt ist Herbst. Wo ist die Zeit hingekommen? Ist sie am JW liegen geblieben?
Ja, wenn die Kastanien reif sind, muss der Herbst ins Land gezogen sein. Die Kastanien sind nun eine Gefahr geworden. Diese köstlichen Früchte fallen mit ihren stacheligen Ummantelungen mit großem Plumps zur Erde. Und immer sind es 3-4 Kastanienigel die gemeinsam zur Erde fallen. Die möchte ich nicht auf den Kopf bekommen.
Der zweite Teil des heutigen Gehtages war verzichtbar. Es ging nämlich hauptsächlich einen schmalen Pfad entlang einer vielbefahrenen Straße dahin und die musste ein paarmal überquert werden. Das war nicht ungefährlich, denn die Autos brausten mit hohem Tempo vorbei.
Ein nettes Erlebnis hatte ich dann doch noch. Alle paar Kilometer stand gestern und auch heute der Bus der bayrischen Pilgergruppe am Straßenrand. Dort gab es für sie Stärkung und Erfrischungen und wer nicht mehr gehen wollte oder konnte, konnte mit dem Bus weiterfahren.
In Santa Irene wartete der Bus mit Tisch und Bänken auf die Pilgerschar. Es war eine kräftige Gulaschsuppe, Brot und Bier vorbereitet. Ich näherte mich mit lachendem Gesicht und meinte, ob dies die öffentliche Pilgerausspeisung wäre und gab mich als langpilgender Österreicher zu erkennen. Die Servicetruppe hatte schon von mir gehört und ich wurde auf eine Brotzeit eingeladen. Vergelts Gott.
Für heute hatte ich eine kurze Etappe bis Pedrouzo (19Km) geplant und morgen stehen noch etwa 21Km am Plan. Ich hätte das auch an einem Tag gehen können, aber ich wollte nicht abgekämpft und müde in SdC eintreffen.
So habe ich mir in Rua, kurz bevor man nach Pedrouzo abbiegen muss, ein billiges Privatzimmer gefunden und bin heute seit Mittag gehfrei.
Morgen geht es auf die Schlussetappe und ich lade Euch wieder ein mit mir und Jakobus zu gehen.
Euer Pilger Walter
Die letzte Nacht vor Santiago - und dein langjähriger Traum wird in Erfüllung gehen.
AntwortenLöschenLieber Walter, wir freuen uns unheimlich, dass dir dies gelungen ist und sind sehr stolz darauf. Habe auch bei unserer Tagung in Wien von dir erzählt und nur grosses Erstaunen erlebt - genauso wie dies für uns war, als du erstmals von deinem Traum gesprochen hast. Und nun bist du vor den Toren von Santiago de Compostella, kannst stolz in die Kathedrale gehen und sicherlich ehrfürchtig vor dem Grab des Hl. Jakobus niederknien und ein Gebet sprechen. Besonders dazu wünschen wir dir viel, viel Freude und mentale Kraft.
Wenn Du angekommen bist werden für Dich in St. Jakob die Glocken läuten - Traude wird uns anrufen und lässt uns via Handy mithören. Wird auch für uns ein bewegender Moment sein.
Einen wundervollen letzten Gehtag und schöne Tage in Santago wünschen Dir Ingrid und Werner
hallo pilger walter! wahnsinn, der letzte gehtag kommt und uns rinnt die gänsehaut über den rücken, nach dem wir deinen heutigen bericht gelesen haben. was geht einem so alles durch den kopf, nach so einer erbrachten leistung !! ein traum ist wahr geworden, beneidenswert!! werden uns morgen natürlich wieder melden wenn der pilger walter sein ziel erreicht hat. gratulation und alles gute, alexandra und werner
AntwortenLöschenOnly by walking can we truly achieve the goals we wish to attain. By walking we conquer the horizon of aur dreams.
AntwortenLöschenSólo camindando es como verdaderamente se pueden alcanzar las metas propuestas. Caminar es conquistar el horizonte de tus suenos.
Nur gehend können wir wirklich die Ziele erreichen,die wir wollten.Gehen heißt den Horizont unserer Wünsche zu erreichen.
Ich weiß Dich behütet.
Martina
Lieber Pilger Walter!
AntwortenLöschenEin paar Stunden noch und wir werden die Glocken hören!!
Sei versichert, dass Du nicht allein in die Kathedrale einziehst - alle Deine Freunde sind im Gedanken bei Dir!
Herzliche Gratulation und größte Hochachtung, verbunden mit inniger Freude!
Danke, dass wir an Deinem JW teilhaben durften!
Alles Gute und herzliche Grüße
Sonja Hörl und das Bildungsreferat St. Xaver
Unser lieber, geschätzter, bewundernswerter und sicherlich jetzt einer der glücklichsten Menschen der Welt!
AntwortenLöschenIch will hier und jetzt keine langen Sätze aussprechen, nur so viel:
Elvira und ich ziehen ganz, ganz tief den Hut vor Deiner erbrachten Leistung.
Sei gewiss, wir sind in diesen Stunden – es ist jetzt Samstag, 24. Sept. 2011,
9 Uhr vormittags – in Gedanken jeden Schritt bei Dir und wünschen Dir, dass Dein Herz auf Deinen letzten km wahrhaft übergeht.
Als Zeichen meiner inneren Verbundenheit werde ich von ½ 11 Uhr bis 12 Uhr mittags auch zu Fuß von Kammern nach Mautern gehen und ganz fest an Dich denken. Meine Gebete werden Dich bei Deinem Eintreten in die Basilika von Santiago begleiten.
Verbringe noch schöne und erholsame Tage am Ziel Deiner weiten Pilgerreise und komm vor allem wieder gut nach Hause.
Wir freuen uns jetzt schon auf die bereits von mir bei meinen Kommentaren angekündigte Einladung nach Mautern im Winter zu einem freundschaftlichen Pilger-Gedankenaustausch.
Außerordentliche Gratulation und herzlichen Glückwünsch!
Helmut und Elvira Hafner
Schulgasse 3
8774 Mautern in Steiermark
Mail: h.hafner@gmx.eu
Tel.: 0676-5666224
Hallo !
AntwortenLöschenErich und Elfi sprechen ihre Hochachtung aus!
Sie verfolgten deinen Weg auf Goggle Earth und sie lesen deine Briefe.
Herzlichen Glückwunsch, guten Heimflug und liebe Grüße aus Eisenerz!
Lg, Kathrin
Hallo walter!
AntwortenLöschenFreu mich für dich, dass du den Weg gehen konntest und dein Traum in erfüllung gegangen ist. Noch eine schöne letzte etappe
Sonny