Samstag, 10. September 2011

Endlos weiter Pilgerweg

Liebe Freunde!

Es ist Samstag und heute in zwei Wochen habe ich meine letzte Etappe, so Gott es will, schon hinter mich gebracht haben. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, was dieser Gedanke in mir an Glücksgefühlen auslöst.

Das Weggehen heute Morgen war sehr angenehm. Der Morgen war nicht so kalt wie in den letzten Tagen und ich startete um 1/2 8 in den gerade hellwerdenden Tag. Ich war ganz allein unterwegs. Der Weg gehörte für die ersten Km ganz mir alleine. Nach Osten zurückblickend zeigte sich ein feuriger Himmel, wie ihn die später aufgehende Sonne färbte. Es war ein schönes Schauspiel.

Sie sind doch unterwegs, die Pilgerscharen! Sie sind nur wie immer sehr früh wegegangen und nach und nach kann ich sie ein- und überholen. Es ist interessant welche Beobachtungen man dabei machen kann.

Ein älteres, vermutlich französisches Paar, fällt mir auf und schon ein paarmal bin ich ihnen begegnet. Die kleine Frau geht immer hinter ihrem Mann, der den Schritt vorgibt. Nur ist er etwa 20cm größer als sie. Sie trägt einen riesigen und vollbepackten Rucksack, der hängt der Frau bis zu den Oberschenkeln hinunter und verdeckt ganz die zierliche Statur. Und er, er geht vor ihr und trägt seine Stöcke in einer Hand und in der anderen die Wasserflasche. Sonst nichts. Das ist eine nicht ganz ausgewogene Lastenverteilung.

An einem Rastplatz sitzen zwei junge Frauen und reagieren auf meinen herzlichen Gruß "Buenos Dias" und dem Wunsch "Buen Camino" in keinster Weise, da schicke ich ihnen ein kräftiges Muuuhhhh hinterher. Aber da haben sie dann überascht und blöd geschaut. Und der Pilger Walter geht innerlich lachend weiter. So bekommt jeder was ihm gebührt.

Ein Ehepaar in meinem Alter fällt mir auch schon mehrfach auf, denn jeder hat ein großes Häferl (hohe Tasse) an seinem Rucksack baumeln. Das trägt sicher nicht zur Gewichtsreduzierung bei oder wollen sie dieses "Steingut" am Crux de Ferro abladen? Dann haben sie etwas falsch verstanden.

Mit diesen Beobachtungen vergehen auch die 10Km schnurgerader Schotterpiste. Da braucht es einen starken Gehwillen, um diese Herausforderung zu bezwingen.
Bei Reliegos vereininen sich wieder die
Wegvarianten und die Pilgerschar ist wieder zur Pilgermasse angewachsen. Nun ist ein Hatschen neben der starkbefahrenen Schnellstraße angesagt, bis ich nach 25Km mein Etappenziel Puente de Villarente erreiche.
Gleich hinter der Brücke, die dem Ort auch den Namen gab, finde ich in der Auberge mit Hostal ein Zimmer. Nach dem Standard der letzten Tage, wirkt dieses Zimmer sehr einfach und renovierungsbedürftig, aber es reicht mir. Die Wäsche ist sauber und somit passt es schon.

Wenn ich so meine Bergschuhe betrachte, kommt mir vor, ich trage den ganzen Staub der Piste an meinen Schuhen herum. Sie sind über und über grau-weiß vor Staub, aber Schuhbüste habe ich nicht mit und dieses Service wird in den Quartieren nicht angeboten. Aber was würde es ändern? Nach ein paar Km würden die Schuhe wieder gleich aussehen.

Wenn ich jetzt bei meinem Fenster hinaussehe, dann hat sich der leichte Wind, wie er den ganzen Tag zu spüren war, zu einem recht starken Wind entwickelt. Ich fürchte, dass das ein Anzeichen für eine heranziehende Wetterverschlechterung ist. Das freut das Pilgerherz aber nicht.

Wieder ein Stück näher meinem Ziel, schicke ich Euch Grüße nach Hause.
Es geht mir weiterhin gut und ich bin planmäßig unterwegs. Auch die Knieschmerzen bleiben beim normalen Gehen aus und der Rest ist zum Aushalten. Ich danke Euch für die vielen lieben Kommentare. Zwei Wochen sind wir noch gemeinsam unterwegs!
Euer Pilger Walter

1 Kommentar:

  1. Buenas noches, lieber Pilger Walter!
    Bin heute ein bischen spät, aber freu mich natürlich, dass Du nur 336 km (sagt mein Pilgerführer jedenfalls) bis Santiago hast. Es ist für mich unfassbar, dass Du die ganze Strecke in einem Stück geschafft hast!Ich hatte damals schon von Burgos bis Sahagún eine heftige Krise u.hätte beinahe abgebrochen. Aber Gott u. St.Jakobus sei Dank ging es weiter- wenn man geht.Ich freu mich für Dich, dass Du morgen Leon genießen kannst u. hoffentlich auch gutes Wetter hast.Einen gesegneten Sonntag!
    Euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet. Matthäus14, 1-2

    AntwortenLöschen