Montag, 5. September 2011

Wieder ein Tag naeher am Ziel

Liebe Freunde!

Drei Weckdienste gab es in Hontanas, damit ja kein Pilger verschläft. Begonnen haben die Gänse kurz vor 6h, dann ließ die Kirchturmuhr ihre sechs Schläge hören und etwas verspätet krähten sich die Hähne heiser.
Dabei wäre das nicht notwendig, denn die Masse der Pilger wartet anscheinend ab Mitternacht, um wieder loszuziehen (siehe hinten).
Um 6h stehe ich wie gewohnt auf und ohne Hektik mache ich mich fertig und gehe in die nächste Bar um dort ein karges Frühstück zu bekommen. Um 7h bin auch ich reise- oder gehbereit. Es ist eigentlich noch immer zu früh, denn es braucht noch eine Viertelstunde bis das Tageslicht einigermaßen gehmäßig ist.

Wo sind heute all die Pilger? Nur wenige sind es, die man heute morgen trifft. Hat sie das unbekannte Pilgermonster verschluckt?
Nein, sie sind doch alle noch da. Nach 4Km sehe ich ganze Horden von Pilgern vor mir gehen. Die müssen alle noch in stockfinsterer Nacht weggegangen sein. Eines ist gewiss in der Menschheitsgeschichte, die Dummheit stirbt nie aus.

Nach einigen KM bin ich an der mir schon bekannten Klosterruine San Anton vorbei gekommen. Der Weg führt durch die heute noch beeindruckenden Ruinen und man sieht auch noch die Lucken, bei denen die Pestkranken früher ihr Essen bekamen.
Von hier kann man schon Castrojeriz erkennen, aber es braucht noch einige KM des Gehens, bis man durch die Pappelallee entlang der Straße den Ort betreten kann. Der Durchgang durch den Ort könnte im Führer als eigene Etappe beschrieben sein, so langgezogen liegt der Ort rund um einen Hügel auf dem eine Burgruine thront. Die drei Kirchen des Ortes, sind schön aufgeteilt entlang des Weges durch den Ort und geben im wunderbaren Morgenlicht prachtvolle Fotomotive ab. Nur leider sind sie alle geschlossen.

Ein steiler Anstieg mit durchschnittlich 12% führt auf einen weithin sichtbaren Tafelberg, von dem man eine tolle Sicht zurück hat und dann am Ende des Plateaus, nach vor in die schöne Landschaft der Meseta. Der Abstieg war mit 18% auch nicht ohne. Hier hat man vorsorglich den Weg betoniert.

Vor Itero de la Vega liegt am Weg die kleine Kirche San Nicolas, die von einer italienischen Jakobsbruderschaft betreut wird. In dieser Kirche gibt es auch eine kleine Pilgerherberge. Im Chorraum ist der Gottesdienstraum und dann sind die Tische und im hinteren Bereich der Kirche sind 5 oder 6 Stockbetten. Freiwillige Helfer betreuen die Herberge. Es ist ein ganz besonderer Punkt am JW.

Die Landschaft spricht mich sehr an. Sie hat trotz abgeernteter Getreidefelder einen lieblichen Reiz und jetzt gibt es durch ständige Bewässerung auch grüne Felder mit Rüben und anderen Feldfrüchten.
Nur der Weg zwischen Itereo und Boadilla del Camino ist zum Vergessen. Durch grobe feste und lose faustgroße runde Steine ist es hier saumäßig zum Gehen. Es ist oft mehr ein Stolpern und prompt spüre ich mein Knie wieder mehr. So war ich froh, den Etappenort zu erreichen. Aber, wie befürchtet, war in der interessanten Herberge mit Zimmerangebot, nichts mehr frei. In diese oder in eine andere Herberge mit Schlafsälen wollte ich nicht. Somit war ich gezwungen die 6Km bis Fromista weiter zu gehen. Leider war auf den ersten Km der Weg wieder so schlecht und erst entlang des kastilischen Bewässerungskanals wurde es wieder ein gutes Gehen.
In Fromista war das Zimmersuchen nicht so einfach, weil wenig gute Hinweise mich führten. So kam ich bis zur berühmten romanischen Kirche und gleich nebenan gibt es das schöne Hotel San Martin. Hier nehme ich mir ein "Luxuszimmer" um 38€. Es ist sicher das schönste, modernste und großzügigste Zimmer, in welchen ich logiere. Allein das Badezimmer ist größer als manche meiner Hotelzimmer. Wenn ich da an die winzige Bruchbude in Merlingen (SZ) denke, da habe ich um die Hälfte mehr bezahlt und das ohne Bad und WC.
In die übergroße Duschkabine hat man für müde Pilger sogar eine Sitzgelegenheit montiert.

So habe ich wieder, wichtig für mich, ein ruhiges Zimmer und kann mich hier von den 33,5Km ausruhen und für den morgigen Tag Kraft schöpfen. Aber die Kirche von Fromista muss ich mir noch ansehen. Ich hoffe, sie wird noch aufgesperrt.

Das war der Bericht von 17. Gehtag vor dem Ziel und ich grüße Euch alle und danke auch für die vielen und aufbauenden Kommentare.
Euer Pilger Walter, dem das Knie derzeit zum Glück keine größeren Probleme bereitet.

1 Kommentar:

  1. Buenas noches, Walter! Wie schön, von den "zufälligen" Glücksfällen zu hören, die Dir geschehen. Wenn ich mich richtig erinnere, waren wir im Mai 2007 im gleichen Hotel mit direktem Blick auf die schöne romanische Kirche San Martin.Im Mai blühte die ganze Meseta, vor allem Mohnblumen leuchteten weithin bis zum Horizont. Es ist ja wirklich beeindruckend, mit welcher Beflügelung Du unterwegs bist.
    Mit Psalm 91 rufe ich Dir zu:
    Denn er hat seinen Engeln befohlen,
    dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen,
    dass sie dich auf den Händen tragen
    und du deinen Fuß nicht an einen Stein Stoßest.
    Buen camino!Martina

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