Samstag, 24. September 2011

Ziel erreicht, Traum erfuellt

Liebe Freunde,
die Ihr mich 3 Monate und 22 Tage begleitet habt und die Ihr mit mir 2.768Km gegangen seid.

Heute war und ist der große Tag für mich und ich glaube auch für das Rektorat St. Jakob. Ich bin als Fußpilger zum Grab des Apostels Jakobus gegangen. In dieser Zeit war mir Gott und der Hl. Jakobus oft näher als ich selber. Mit Gottes Segen, der Kraft des Glaubens und mit der Hilfe vom Jakobus durfte ich dieses Geschenk der Pilgerschaft entgegen nehmen. Wie gut sich alles gefügt hat, sieht man an meiner Gesundheit und an dem Beispiel, dass ich nach meinem Hilfeschrei am Beginn des spanischen JW-Teiles immer mein Zimmer gefunden habe. Da hat wer auch Schwerarbeit geleistet - Danke!
Dass das unversehrte Ankommen hier nicht selbstverständlich ist, konnte ich täglich an zig Pilgern (auch ganz jungen) sehen, die mit großen Gehbeschwerden den Weg gegangen sind - Hochachtung! Und ich, ich brauchte nur kleine Beschwerden beklagen, die sich alle wieder von selbst und mit Hilfe von Oben gelöst haben.
Nun bin ich heute voller Emotionen und großer Dankbarkeit in die Kathetrale zu Santiago einmarschiert und durfte die Pilgermesse mit vollem Herzen mitfeiern. Jetzt bin ich in SdC und die Gehpilgerschaft ist zu Ende. Nun Pilgere ich in meinem Leben weiter zur Ehre Gottes und in Partnerschaft mit dem Hl. Jakobus.
Mehr an Worten will und kann ich über das Gefühl, welches mich durchdringt, hier und jetzt nicht niederschreiben, denn das läßt sich nicht beschreiben.

Aber meinen letzten Gehtag kann und will ich noch beschreiben.

Zuerst noch ein kleiner erwähnenswerter Rückblick auf den gestrigen Abend. Im einzigen Restaurant des Ortes kämpfte der junge Wirt mit seinen selbstgesteckten Qualitätszielen und der Herrschar an Essensgästen. Feines Restaurantfeeling und viele Gäste vertragen sich nur, wenn die Organisation passt und das notwendige Personal vorhanden ist. Aber er alleine und dann mit einer Aushilfskraft schafften es nicht und die Gäste mussten viel Geduld aufbringen. Zum Glück war ich unter den ersten Gästen und bekam mein Essen noch früher. Die Qualität passte, endlich einmal ein gut und frisch gekochtes Essen und ohne Pommes, aber beim Preis wollte er mich legen. Er hat die Menüauswahl vom Block abgelesen und so gab es keinen Preis. Er wollte dann 14€ für das Essen und den Wein. Nicht mit mir. Der höchste Menüpreis in Spanien war 12€ und das am Sonntag (da gibt es immer höhere Preise). Ich sage ihm, dass das nicht ok ist und auf einmal kostete es nur 12€ und das zahlte ich dann auch. Ich hätte ihn sonst fragen müssen, wo er die Preisauszeichnung hängen hat. Die muss nämlich gut sichtbar sein.
Am Nebentisch warteten eine dänische Mutter mit ihrer Tochter und wie ich meine 3 Pilgerpässe durchblätterte sprachen sie mich interessiert an und luden mich auf ein Glas guten Wein von ihrer Flasche ein. Wir unterhielten uns prächtig auf Englisch.
So ist der letzte Abend vor SdC noch amüsant zu Ende gegangen.

Um 8h ging ich heute los und war voll gespannnter Erwartung was kommen wird. Die ersten 2Km durch den Wald war ich ganz allein unterwegs und ich konnte aus Vorfreude alle Lieder, die ich im Laufe meines JW geträllert :-) habe, nocheinmal singen. Alles an und in mir war in Festtagsstimmung. Locker und leicht marschierte ich dahin. Nichts schmerzte und kein Stein am Weg tat meinen Füßen weh. Alle anderen Pilger sind nur unterwegs um mir Spalier zu geben. Das war mein Tag und mein Weg.
Fühlte ich es nur aus mir heraus oder war die Stimmung heute am JW wirklich viel besser?
Den letzten Gehtag habe ich mir ärger vorgestellt. Es waren nicht so viele Pilger unterwegs, als erwartet. Ich glaube, viele sind gestern noch weit gegangen u.U. bis zum Monte Gozo, wo man die Kathetrale sehen soll (ich habe sie nicht gesehen, zu verwachsen ist alles).

Nach einigen Km geht man direkt am Flughafen und dem Beginn der Landebahn vorbei und ein Flugzeug nach dem anderen fliegt landend oder startend 50m über den Köpfen der Pilger hinweg. Am Mittwoch sitze ich dann selbst in einem dieser metallenen Vögel.
Nach dem Flugplatz erfahre ich nochmals die Gnade eine Zeitlang ganz alleine gehen zu dürfen. Wisst Ihr wie schön ein befreit gesungenes Vaterunser im Wald klingt?

Etwa 10Km vor dem Ziel höre ich von vorne (Monte Gozo oder SdC?) Böller- und Feuerwerksschüsse (so werden in Spanien Feste gestartet). Künden sie mein Ankommen an oder heiratet da wer?
Ich merke, dass ich top unterwegs bin und kann schon abschätzen, dass ich es zur Pilgermesse um 12h schaffen kann.
Also marschiere ich mit voller Kraft, die mir geschenkt wurde, auf SdC zu. Trotzdem nahm ich mir Zeit, noch einige Fotos zu schießen. Der Nebel war heute nicht so dicht und die Sonne kämpfte sich durch.
Etwa 2Km vor dem Ziel suche ich noch eine Bar auf, die Zeit habe ich. Ein kleines Bier zur Vorfreude und eine nötige Erleichterung sollte die nächste Stunde reichen. Nach 3 Stunden und 45 Minuten waren die heutigen 21Km geschafft und mit weit erhobenen Händen und total wässrigen Augen bin ich auf den Kathetralenvorplatz getreten. Hier war schon ein Völkergemisch von erleichterten und freudigen Pilgern hier und viele Menschen waren wegen einer Oldtimer-Autoparade am Platz.
Jemand nahm mir den Fotoapperat ab und fotografiert mich mit meiner Freude und dann trat ich über die Stufen hoch zum Eingang der Kathetrale. Jetzt bin ich angekommen und das 5 Minuten vor der Pilgermesse. Ich finde vorne im Seitenkreuz der total vollen Kirche noch einen guten Stehplatz und feiere die Messe stehend und mit Rucksack am Rücken mit.
Zwölf Priester zelebrieren die Messe und gesanglich wird die Messe von einer älteren Klosterschwester getragen, die mit ihrer Stimme fast engelsgleich klingt.
In dieser vollen Kirche findet mich nach dem Gottesdienst Helmuth aus Wien, ein netter Pilger, den ich öfters getroffen habe. Wir umarmen uns und ich weine wie ein Schlosshund aus Freude, Erleichterung und Dankbarkeit.

Und dann die spannende Frage, ob ich mein vorreserviertes Zimmer im "Seminario Mayor" bekomme. Das ist ein Kloster an der Nordfront der Kirche und schon 2006 habe ich hier gewohnt. Bei der Mailreservierung in englischer Sprache (Danke Klaus) vor 2 Tagen hat es einen Irrtum gegeben und so habe ich gestern noch mit einigen Brocken Spanisch versucht meine Reservierung zu retten und es ist gelungen. Es ist heute alles ausgebucht. Aber ich habe wieder mein Zimmer, nur welches! Ich wusste von der Schlichtheit dieses Quartiers und so ist es auch heute. Ein Bett und ein Bad sind alles in meiner Mönchszelle. Aber ich wollte es auch so. Es kostet mit Frühstück nur 23€ und das ist in SdC ein Geschenk und das direkt vor dem nördlichen Kirchenportal.
Ich bin dann einmal schauen gegangen, wie lange die Pilgerschlange bei der Ausstellung der Compostela ist und die war erträglich. Nach einer halben Stunde Wartezeit, noch bevor die Mittagssperre eintrat, hatte ich mein Erinnerungsstück. Jetzt bin ich auch offiziell "Pilger".
Und als Pilger genoss ich in einem Cafe mein Bier und ein kleines Menü. Das habe ich mir verdient.

Jetzt beginnt die Phase Nachdenkens, des Erlebens und des Loslassens. Dafür habe ich nun vier Tage Zeit und einige Male werde ich in der Kirche zu finden sein - Ihr könnt mich dort treffen!
Heute um 19h gibt es von der deutschen Pilgerschaft eine Kirchenführung.
Morgen will ich gleich um 7h, wenn die Kirche aufsperrt und leer ist, zur Jakobusstatue und zum Grab gehen. Da werde ich auch alle Eure mitgegebenen Bitten und Wünsche dem Hl. Jakobus vortragen. Der heutige Tag gehört noch mir und es sind einfach zu viele Menschen da.
Morgen will ich um 10h den Sonntagsgottesdienst besuchen.

Das war mein Jakobsweg!
Aber ich werde sicher noch das eine oder andere ins Tagebuch schreiben.
Euch allen danke ich für Euer Mitpilgern in Gedanken oder direkt am JW, für Eure vielen Wünsche und aufmunternden Worte - Danke!
Den größten Dank gebührt aber meiner Familie und meinen Freuden, die an mich geglaubt haben und mir sehr viel geholfen haben. Nochmals Danke!
Euer Pilger Walter

3 Kommentare:

  1. Du hast es geschafft!!!

    Hallo!
    Nach 102 Gehtagen, Millionen Schritten, vielen Anstrengungen aber auch vielen tollen Begegnungen und Momenten hast du das geschafft, wovon du 23(!!) Jahre geträumt hast und die letzten zwei Jahre auch gelebt hast!

    Du bist am Ziel deiner Träume aber, dass aller aller wichtigste ist, dass du deinen Traum gesund erleben durftest.

    Auch zuhause bei uns gingen die Emotionen hoch, als die beiden Glocken unserer Jakobikirche der Stadt verkündeten:

    Unser Papa hat es geschafft!!

    AntwortenLöschen
  2. Der Pilger läßt es darauf ankommen, dass sein Leben gelingt. In seinem Ankommen kommt es darauf an,dass sein Pilgerweg ihn verwandelt hat, dass er das Wesentliche in seinem Leben erkannt hat, dass er sich selbst gefunden hat, seine Spur des Lebens, und dass er Gott gefunden hat, der seine Ankunft segnet und ihn nun als neuen Menscher seinen Weg weiter gehen lässt.
    Pater Amseln Grün
    Haleluja! Ich feue mich mit Dir!Ultreja y suseja!
    Martina

    AntwortenLöschen
  3. hallo pilger walter!!! wir freuen uns mit dir. als wir zu mittag erfahren haben, dass du in der kirche angekommen bist, ist uns vor lauter freude die gänsehaut den körper hinuntergelaufen. genieße die nächsten 4 tage und freue dich über die von dir erbrachte leistung. es muss ein unbeschreibliches gefühl sein, nach so langer wanderschaft endlich vor der kathedrale zu stehen und sich seinen großen traum - eigentlich lebenstraum - endlich erfüllt zu haben. für uns geht jedoch eine wunderschöne zeit, dich per internet begleiten zu dürfen, vorbei. waren täglich am abend gespannt, ob dein bericht schon zu lesen ist. wir werden diese sicher missen. danke, dass du uns an deinem jakobsweg teilhaben hast lassen. liebe grüße und alles gute für die nächsten tage und deine heimreise wünschen dir deine im geiste mitpilgernden oberaicher alexandra und werner.

    AntwortenLöschen