Nach einem erholsamen Ruhetag melde ich mich wieder vom Jakobsweg.
Ich hoffe es ist Euch nicht langweilig geworden, einen Tag nichts von meinen Erlebnissen lesen zu können. Aber schön langsam müsst Ihr Euch daran gewöhnen, den Schritt für Schritt und Tag für Tag komme ich meinem Ziel SdC näher. Wie jedes Buch sein Ende hat, hat dann auch mein JW und dieses Tagebuch einmal ein Ende. Und was werdet Ihr dann des Abends oder im Büro machen? Dann gibt es keine Geschichten und Erlebnisse mehr vom Pilger Walter. Aber Ihr könnt, wie bei einem guten Buch, wieder von vorne beginnen zu lesen. Nur ich, ich werde sicher nicht mehr diesen Weg neu beginnen. Einmal den ganzen JW zu gehen, das war und ist noch immer mein Lebensziel, aber das reicht dann auch - mir zumindest! Und wo sollte ich auch die vielen Sünden hernehmen, damit sich das nochmalige Gehen lohnt? :-)))
Für alle, die es freuen wird, dass ich wieder nach Hause komme: Heute in vier Wochen bringt mich das Flugzeug (hoffentlich) wieder nach Hause und darauf freue ich mich auch schon sehr, so wie auf das Erreichen meines Zieles in SdC.
Weil ich viele positive Kommentare zu meinem schnellen Gehen bekommen habe (Danke dafür), möchte ich zu meinem Gehstil ein paar Anmerkungen anbringenen. Das schnelle Gehen bringt mir nichts in meinem Etappenplan. An den halte ich mich, mit kleinen Veränderungen und das hat sich auch gut bewährt. Früher in SdC zu sein, bringt mir nichts, weil mein Flugzeug erst am 28.9. fliegt.
Um früher am Ziel zu sein, da müsste ich auch mehr Km im Tagesschnitt gehen. Derzeit bin ich mit dem Mehr an Wegen mit 27,6 Km unterwegs, statt wie geplant mit 26,8 pro Tag. Noch mehr an einem Tag zu gehen, dass will ich nicht und ich will auch nicht auf meine Ruhetage verzichten, denn schnell kann sich solcher "Übermut" mit Blasen oder einer Erschöpfung rächen. Ich könnte es mir leisten langsamer den Weg zu gehen, vergleichsweise mit anderen Pilgern, die ich dann immer wieder treffe.
Das schnelle Gehen ist einfach meine Geh-Eigenschaft und das macht mir auch Spass.
Einen großen Vorteil hat mein schnelles Gehen aber doch. So wie andere Pilger noch in der Nacht wegehen, um früh am Etappenort anzukommen, so kann ich warten, bis es Tag wird und das Gehen auch Spaß macht. Ich bin dann auch noch früh an meinem Etappenort und bin an vorderster Front bei der Zimmervergabe und bekomme, wie schon ein paarmal bemerkt, das letzte freie Zimmer und ein eigenes Zimmer ist mir wichtig, wie Ihr wisst.
Heute in Santo Domingo de la Calzada, nach einer Kurzetappe mit 21Km, habe ich vier Anläufe gebraucht, um ein Zimmer zu bekommen. Zuerst habe ich in der Klosterherberge der Zisterzienzerinnen angefragt, es soll hier auch kleine Zimmer geben, aber es waren nur mehr Mehrbetträume frei.
Dann habe ich mir einen Spaß erlaubt. Gleich bei der berühmten Kirche, bin ich erhobenen Hauptes ins Nobelhotel Parador einmarschiert und habe um ein Zimmer für einen Peregrino gefragt. Um 116€ hätte ich auch in diesen Luxustempel einziehen können, aber meine Pilgerkasse meinte doch, es sollte etwas billiger sein. Mit Dank und einem Lachen im Gesicht, bin ich weitergezogen. Das nächste Quartier, ein Hostal, welches mir noch von der Pilgerinformation empfohlen wurde, war schon ausgebucht. Da vergeht einem schnell das Lachen und ich musste weitersuchen. Aber gleich ums Eck fand ich eine kleine Pension, wo ich ein kleines, aber nettes Zimmer um 25€ fand. Das Waschbecken ist im Zimmer und das Bad mit WC liegt gegenüber meinem Zimmer und ich muss es mir mit einem anderen Gast teilen. Nachdem ich früh da bin, kann ich im noch sauberen Bad duschen.
Der gestrige Etappenort Najera, liegt mit seiner kleinen Altstadt an rotbraunen und quergeschichteten Erdfelsen, in die auch Höhlen eingegraben sind. In frühen Zeiten waren das sicher geschützte Wohnhöhlen. Der Blick dorthin war bei richtigem Sonneneinfall sehr reizvoll.
Heute führte der Weg über diesen Felshügel und hier, wie noch einige KM weiter, war die Erde so rotbraun, wie auf einem Tennisplatz. Aber auch hier wuchs Wein auf diesen Böden. Es muss interessant sein, einen guten Wein von diesem Bodenverhältnissen zum Vergleich zu trinken.
Heute gab es entlang des Weges nicht nur Weinanbau, sondern es gab auch Gemüsefelder und sogar einen Hopfenanbau gibt es hier. Die leeren und abgeernteten Stangen und Drähte zeigten dies an, so wie in der Südsteiermark.
Spanien setzt anscheinend viel auf Alternativenergie. Über die vielen Windräder auf den Hängen habe ich schon einmal geschrieben. Heute bin ich bei einer mehrere tausend Quatratmeter großen und schon von weitem sichtbaren Solarstromanlage vorbei gekommen. Das ist sicher die Zukunft und nicht die Atomstromprodution.
Ich habe schon berichtet, welche Begegnungen man am JW macht. Menschen aus aller Welt und allen Rassen. Nur ein Pilgerhund ist fast etwas Neues. Ich habe zwar schon Pilger mit Hunden gesehen, aber der heutige schlägt alle. Mit seinem Frauchen marschierte ein kleiner belgischer Schäferhund mit zwei kleinen Taschen links und rechts umgehängt. Er muss sich sein Futter selbst tragen.
Es ist nur fraglich, ob diese lange Gehbelastung auf den oft spitzen Steinen, für die empfindlichen Hundepfoten gut ist. Ich würde das keinem Hund antun.
Nach einer guten Woche in Spanien, muss ich die Pilgermenüs, die es fast überall gibt, hervorheben. Die Menüs gibt es immer 3-gängig und in den Restaurants kann man die Gänge oft auswählen. Als Vorspeisen gibt es u.a. mehrere Salate, Nudelgerichte, verschiedene Gemüseeintöpfe und Suppen zur Auswahl. Bei der Hauptspeise kann man immer aus Schwein, Rind und Huhn wählen. Oft gibt es auch ein Lammgericht und fast immer gibt es auch ein bis zwei Fisch- und vegetarische Gerichte.
Als Postre (Nachspeise) kann man auch aus einigen Möglichkeiten und Gusto wählen. Dazu gibt es immer Weißbrot und Wein - oft sogar eine ganze Flasche.
Der Preis des Menüs und die Menge der Gerichte schwanken. Bisher habe ich immer ein Restaurant mit Pilgermenüs von 9 bs 11 Euro gefunden.
Vorgestern und gestern habe ich bei meinen Streifzügen durch den Ort ein verstecktes Restaurant gefunden, wo das Pilgermenü nur 9€ (statt sonst 10€) kostet und hier habe ich auch die beste Menüauswahl bei großer Menge bekommen. Nur zum Beispiel habe ich mir einmal den Fisch genommen und eine ganze gegrillte Brasse bekommen und am zweiten Tag habe ich sechs gegrillte Lammrippchen bekommen. Und das alles mit Wein um 9€, das soll wer in Österreich nachmachen.
Kaum schreibe ich vom Essen, da beginnt mein Magen zu knurren, aber er muss noch bis 19:30 warten, bis er wieder gut (im doppelten Sinn des Wortes) gefüllt wird.
Bis dahin werde ich mir sicher noch eine Kleinigkeit gönnen und auch noch den Ort besichtigen. Die berühmte Kirche mit dem Hühnerwunder werde ich nicht anschauen, denn dafür ist wieder zu zahlen. Das finde ich so mies, denn gerade am Pilgerweg sollten die Kirchen für die Pilger tagsüber offen sein. Wenn von den Touristen ein Obulus verlangt wird, kann ich es noch etwas nachvollziehen. Viele dieser Orte und Kirchen sind erst durch das Pilgern entstanden und jetzt verlangt man einen Obulus, wenn man in einer Kirche beten und danken will. Und das nur, weil hier in dieser Kirche nach einer Legende zwei weiße Hühner/Hähne in einer Wandnische gehalten werden.
Der Verzicht auf die Besichtigung dieser Kirche fällt mir auch leichter, weil ich sie schon bei meinen Pilgereisen davor, kennen gelernt habe.
Nun habe ich wieder genug auf meinem Mäuseklavier (Handytastatur) geschrieben und meinen Fingern geht es ähnlich, wie meinen Füßen.
Ich grüße Euch alle vom JW,
Euer Pilger Walter