Normalerweise habe ich hier am Jakobsweg einen guten Schlaf, wenn er nicht durch äussere Geräusche gestört wird (siehe diverse Vorberichte). Eine alte Volksweisheit sagt: Der Hunger ist der beste Koch und so ist die Müdigkeit das beste Schlafmittel.
Beim Munterwerden kann ich meiner inneren Uhr vertrauen, um 6Uhr werde ich verläßlich munter. Unterstützt wird das Munterwerden von zusätzlichen Weckdiensten, wie den zunehmenden Straßenverkehr, das Stundengebimmel der Kirchturmuhren und das aufmunternde Krähen der Hähne.
Doch was ist heute los mit dem gallischen Hahn? Mitten in der Nacht, werde ich kurz munter und meine innere Uhr signalisiert: "Weiterschlafen!". Ich drehe mich um und will mich gerade wieder in den Schlaf eines Gerechten fallen lassen, da höre ich das heisere Krähen eines Hahnes. Weiterschlafen, rebelliert mein Inneres, der Schlaf reicht noch nicht. Da höre ich ganz deutlich den örtlichen Hahn zum 2. Mal krähen. Uuups, habe ich verschlafen? Wegen der Zeitverschiebung krähen hier die Hähne kaum vor 6Uhr, denn davor ist es finster. Ich drehe das Licht auf und blicke auf die Uhr - 3:15!!! Und zur Bestätigung, dass ich nicht geträumt habe, kräht der Hahn mit der pre-senilen Nestflucht, noch einmal. Was ist los, du gallischer Hahn? Um diese Zeit kannst du nicht einmal vom Kirchturm, von wo du oft herabblickst, einen morgentlichen Schimmer am Horizont sehen. Du bist eindeutig falsch getaktet! Wie kann man dich richtig einstellen, einen Uhrmacher gibt es, aber einen Hahnmacher? Es wäre für dich überlebenswichtig, zur richtigen Zeit die Menschen zu wecken, denn ich kenne zum Beispiel Pilger, die nehmen dir eine nächtliche Störung krumm und dann musst du auf deinen Kragen aufpassen.
Also weiß jemand von Euch wo und wie man einen Gockelhahn einstellt, dass er zur richtigen Zeit weckt?
Wie Ihr seht, liebe Freunde, sind die Erlebnisse auf dem JW vielfältig und rund um die Uhr zu erleben. Nur wenn die Sonne ab Mittag gnadenlos auf ein kleines Pilgerlein, dass sich über den Chemin kämpft, herrunter knallt, dann erlebt man nichts mehr und kämpft nur noch ums Überleben mit dem Rest in der Wasserflasche.
Am Vormittag ist das Wetter noch angenehm, weil Schleierwolken die Sonnenkraft einschränken. Und da geht es beim Gehen auf Pfaden zwischen Straßen und Feldern und dann über angenehme Waldwege toll dahin.
Schon ist auf einer Anhöhe die kleine Stadt Lectour mit dem mächtigen Turm einer ehemaligen Bischofskirche zu sehen. Ein steiler Anstieg noch und ich stehe am Kirchplatz und mitten in einem Markttagstreiben - so ein Mittelding zwischen Bauernmarkt und Gösser Kirtag. Gerne bummle ich an den Ständen vorbei und die Hälfte bietet Köstlichkeiten der regionalen Küche und der Felder und Wälder an. Es gibt große Herrenpilze, Eierschwammerl (Pfifferlinge für meine ausländischen Leser) und was saisonal gerade reif ist. Natürlich Käse und vieles mehr. Auch teure Gläser mit den in Fett eingelegten Entenleberstücken.
Begeistert bin ich von einem Spielzeugstand, wo noch "altes" Blechspielzeug, wie sie in meiner Kindheit modern waren, angeboten wurde. Für Lukas hätte ich gerne ein Auto, ein Ringelspiel oder einen Hüpffrosch gekauft, aber als Pilger kann ich nichts mitnehmen.
Auch leckere Speisen wurden gegart, nur um 1/2 10 Uhr ist es dafür noch zu früh und bis Mittag zu warten, ist bei einer noch zurückzulegenden Wegstrecke von mindestens 15Km nicht sinnvoll. Auch gibt es keine Sitzgelegenheiten für müde Pilgerbeine und so bleibt es beim Bummeln durch den Markt.
Und nun muss ich etwas gestehen, besonders meiner Frau, ich habe geküsst! Wie es dazu kam?
Beim Bummel durch die Marktstraße finde ich keine Wegmarkierungen mehr. Entweder fehlten sie oder sie wurden durch die Stände und Autos verdeckt. Auf jeden Fall wird das Bummels zu einem Irren und da treffe ich Isabelle, eine fröhliche Französin, die ich ein paar Km vorher kurz kennen gelernt habe. Ihr geht es gleich wie mir und sie findet auch nicht aus der Stadt. Gemeinsam fragen wir dann eine Gite-Betreiberin und da wird es kompliziert. So ca. 8 mal geht die Wegbeschreibung wechselhaft von "a droite" zu "a gauche" und weiter rechts und links. Wir sind verwirrt und Isabelle schreibt sich schnell alles auf und gemeinsam mit meinem Handy-Navy suchen wir uns skeptisch aus der Stadt hinaus. Wir wissen nicht, ob uns die Beschreibung an den JW führt. Wir gehen schon ein ordentliches Wegstück, da erspähen wir gleichzeitig auf der anderen Straßenseite unser Jakobszeichen. Voll Freude geben wir uns die Hand und ich habe sie geküsst - die blaue Tafel mit der gelben Muschel (was dachtet Ihr?). Daniela machte es mir lachend nach und dann gingen wir wieder getrennt unserer Wege, nach dem Motto gemeinsam kämpfen und getrennt marschieren.
Ärgerlich war es noch in einem kleinen Ort, da war im Ort, obwohl es mehrere Wege gab, kein einziges Wegzeichen zu finden und so irrte ich in der Mittagssonne herum, probierte hier, sah dort nach und nahm dann die Straße, die mich glatt in die falsche Richtung führte und mehr als einen Km Umweg bedeutete.
Über den Rest des Weges von 10Km kann ich nichts berichten, denn in der prallen Sonnenbestrahlung hatte ich ein Blackout.
Als Quartier habe ich heute eine Zwischenlösung zwischen Gite und Chambres d'hotes gefunden, ich habe in der Hitze auch gar nicht weitergesucht und das örtliche Angebot ist sehr bescheiden. Es ist ein großes Haus in einem prächtigen Garten. Die Zimmer sind aber auf Mehrfachbelegung ausgelegt, es stehen 3 Betten im Zimmer und ich hatte Glück, noch ein Bett zu bekommen, sonst war alles reserviert. So schlafe ich heute mit zwei Frauen im selben Zimmer und wie ich gerade sehen konnte, ist eine der Frauen, meine Wegsucherin Isabelle.
Hier bekomme ich wieder Halbpension und zahle 35,- inkl. extra Leintuchdecke und Badetuch. Das Badetuch war auch nach dem erfrischenden Bad im Swimmingpool praktisch.
Nach zwei kleinen Bier, der Dusche und dem Schwimmen bin ich wieder einsatzfähig, aber derzeit nur mit den Daumen beim Schreiben, denn meine Füße erholen sich noch am Bett.
Euer Pilger Walter
Hallo!
AntwortenLöschenIch würde zwar eine Möglichkeit wissen, aber nachdem, vielleicht minderjährige Besucher diesen Blog lesen, schreibe ichs lieber nicht :-) Aber ich kann mich noch sehr gut an mein Monat vor 12 Jahren in Werfen erinnern, wo der Hahn es vorgezogen hat auf dem Fensterbrett meines Schlafzimmerfensters zu übernachten, also kann ich dich durchaus verstehen.
Liebe Grüße
Peter