ich will unter allen Umständen auch den spanischen JW gehen und wenn es Widrigkeiten gibt, dann muss ich versuchen sie zu umgehen oder zu bewältigen. Mir sind zwei Aspekte wichtig.
Erstens, will ich den Weg nach meinem Rhythmus und in meinen Geiste gehen. Ich brauche den Freiraum alleine gehen zu können und bei Bedarf auch beten oder singen zu können. Das ist auf dem überlaufenen JW oft nicht möglich. Später als die anderen wegzugehen ist, wie ich es heute gesehen habe, eine Möglichkeit dem Stau zu entgehen. Und noch früher als die anderen zu gehen, das verweigere ich. Es ist idiotisch, was manche aufführen und des nächtens weggehen, um zu Mittag bei den Herbergen zu warten, eingelassen zu werden.
Und Zweitens, will ich alles tun, um täglich mein eigenes Zimmer zu bekommen. Das brauche ich zur Erholung und für meinen inneren Frieden.
So will ich meinen Etappenplan variabel halten, so wie die Quartiersituation es erfordert. In Massenlagern (nicht) zu schlafen, möchte ich vermeiden.
So bin ich heute, statt zu meinem geplanten Zielort Villamajor de Monjardin (24Km) weiter gegangen, zum nächsten Ort Los Arcos (36Km). Das ist heute gut gegangen und das Wetter war mir auch hold. Nicht zu heiß oder mit Wölkenschutz.
Bis Estella hatte ich schon alle vor mir überholt und bei einer Essenspause "durften" einige der Überholten wieder nach vor, aber nicht lange :-)
Im geplanten Zielort war ich schon um 12:30. Es hätte sogar die Chance auf ein gutes Quartier gegeben, aber ich wollte den langen NM nutzen, um die 13Km bis Los Arcos weiter zu gehen. Hier waren die Quartieraussichten viel besser und es passt dann für die nächten Tage optimaler.
In Los Arcos bin ich als Erstes zur Herberge Casa Austria gegangen, die teilweise von freiwilligen Österreichern betreut wird. Ich rechnete zwar nicht mit einem Zimmer für mich, aber wieder österreichisch reden zu können und vielleicht Quartiertipps zu bekommen, war einfach zu verlockend.
Die Herberge hat zwar schon bessere Zeiten gesehen, aber ich habe ein sehr einfaches Zimmer für 2 Personen, für mich bekommen. So bin ich doch gleich hier geblieben und habe mir das Suchen erspart und billiger als in einem Hotel oder einer Pension ist es allemal.
Für gestern am Abend, hat uns die Vermieterin gesagt, dass vor dem Essen in der nebenliegenden Kirche eine Messe ist. Dieses Angebot habe ich, und noch sechs andere, gerne angenommen.
In einem gemütlichen Kellergewölbe wurden wir dann von den Herbergseltern gut bekocht und die Gemeinschaft mit den zwei Elsäßern und den zwei Schweizern war sehr angenehm und wir hatten eine fröhliche Unterhaltung.
Und dann genoß ich das Schlafen in MEINEM Zimmer und mich kümmerten die anderen Pilger in den Mehrbettzimmern überhaupt nicht.
Die spätere Störung des Schlafes durch Feierlichkeiten in der Nähe der Herberge und das Abschießen von Feuerwerksraketen, wäre in den Herbergszimmern genauso zu hören gewesen. Aber diese fröhliche Ausgelassenheit dauerte nicht so lange und tief durfte Pilger Walter fast bis 6h schlafen, da rührten sich in den anderen Zimmern die Frühaufsteher. Nur ich blieb trotzdem liegen und wusste, ich brauche mich nicht bei den Waschbecken und am WC anstellen.
In Azqueta zog gerade eine fünfköpfige Musikgruppe mit fröhlicher Musik durch, vermutlich als Begleitmusik für eine Hochzeit, denn in der nahen Kirche waren gerade Frauen damit beschäftigt, den Hochzeitsschmuck anzubringen. Das war mein Glück, denn so konnte ich die sonst gesperrte Kirche besichtigen und dort auch beten.
Die Landschaft ist nun sehr hügelig und bizzar wirken die hellbraunen abgeernteten Felder, die goldgelbe Flecken in die Landschaft zeichnen. Auf den Hügeln sind entweder Pinienbäume zu finden oder dürre Sträucher. Im weitern Umfeld wird das Bild von höheren Felskämmen begrenzt. Und mitten durch diese Landschaft führt oft geradewegs der Jakobsweg. Man sieht dann schon von Weiten die Pilger wie Ameisen dahinmarschieren und eine davon, zugegeben eine schnelle Ameise, bin ich.
Viele Weingärten begleiten den Weg und die Trauben sind vielfach schon blau und auch süß, wie ich mich bei kleinen Kostproben überzeugen konnte.
Es gibt aber auch Olivenhaine und wilde Feigenbäume, deren Früchte zwar noch grün sind, aber das Innere schmeckt schon ganz gut.
Das Durchgehen durch Estella war für mich etwas enttäuschend. Vor fünf Jahren habe ich die Stadt im Trubel der Feiertagslaune zu einem kirchlichen Fest erlebt und heute, war durch die ganze Stadt tote Hose und nicht viel Reizvolles war zu sehen. Die beeindruckende Kirche war auch wegen Bauarbeiten gesperrt.
Nur der kurze Aufenthalt in einer Bar bei Sandwich und Bier, unterbrachen meinen Marsch durch die Stadt.
Bald danach folgt eine andere Berühmtheit am JW, die Bodegas Irache.
Hier gibt einen Brunnen der besonderen Art. Rechts ein Wasserhahn und links ein Weinhahn für Vino tinto und das gibt es gratis. Natürlich trinkt hier jeder von dem Wein. Wie gut, dass ich einen Becher mitumher trage. Aber es ist kein Achterl, welches ich mir gönne. Mehr wäre zum Gehen nicht ratsam.
Beim Gehen werde ich öfters von Radfahrern überholt, was auf dem breiten Weg heute, nicht mehr so ein Problem ist. Spaß hat es mir dann bei einer giftigen Steigung gemacht, wie ich zwei Radfahrer bergauf zurücküberholte - nur zur Klarstellung, sie schoben ihr Rad nicht, sondern fuhren bergauf. Mit breitem Grinsen und einem Buon Camino zog ich bergwärts an ihnen vorbei. Das sind die kleinen Erfolgserlebnisse am JW.
Im ursprünglichen Etappenort Villamajor de Monjadin hatte ich Glück mit einer offenen Kirche und die war ein romanisches Schmuckstück.
Nun möchte ich mir kurz noch Los Arcos anschauen und die Essensmöglichkeiten erkunden. So beende ich meinen heutigen Bericht nur noch mit dem Hinweis, dass ein Sechstel es spanischen Weges nun auch schon hinter mir liegt.
Euer Pilger Walter
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