Sonntag, 21. August 2011

Das war Frankreich

Liebe Pilgerfreunde,
wer von Euch hat beim Lesen meiner Berichte Lust bekommen, auch den JW zu gehen? Wenn es Euch juckt, dieses Erlebnis erLEBEN zu wollen, dann scheibt Euch auf einen Zettel ein Ziel: "Den Jakobsweg zu gehen" und dann, zur passenden Gelegenheit auch dazu, wasst müsst Ihr dafür tun? Die Antwort ist kurz: "GEHEN!"

Der gestrige Abend endete originell. Vor dem Abendessen gab es als Aperitiv einen süßen Muskatellawein und der Patron, ein gesetzter Baske, begrüßte uns und überschwänglich, wie ein stolzer Tenor, sang er baskische Lieder für uns, die wir dann Zeile für Zeile mit ihm mitsingen mussten. Dann war seine Singviertelstunde abgelaufen und er entschwand in der Küche. Nach dem Abendessen das gleiche Spiel nocheinmal, diesmal sang er das Pilgerlied, die Compostelle, für uns. Stolz erzählte er uns auch, dass sein Cousin der erste Astronaut/Kosmonat Frankreichs gewesen ist. So sagen es die Franzosen, aber der erste französische Raumfahrer, war und ist Baske.

Der frühe Morgen läßt schon erahnen, wie der Tag wird - "Heiß hoch 2". Im Fernseher wurden mehr als 35Grad angesagt. Schon um 7h weht ein warmer Wind auch in der Nacht war es zum Schwitzen. Es kühlte überhaupt nicht aus. Darum war ich froh, schon vor 7h zum Frühstück gehen zu können, um der Hitze nach Mittag entgehen zu können. Für heute standen nur 22Km bis Saint-Jean-Piet-de-Port am Programm.

An Erlebnissen gibt es heute nicht viel zu schreiben und auf diese könnte ich verzichten, nämlich wieder ein Hundeangriff. Diese halbhohem schwarzweißen Hirtenhunde sind sehr aggresiv. Nur mit Stockeinsatz konnte ich mich wehren, bevor er in meine Bannmeile eindringen konnte. Vielleicht machen auch die Stöcke und der Hut die Hunde zusätzlich aggressiv.

Das Gehen war heute wieder etwas mühsam. Ich bin nie richtig auf Touren gekommen und war etwas müde. Das war vermutlich ein mentales Herunterfahren, mit dem Wissen, wieder einen großen Abschnitt erreicht zu haben und dass morgen dann ein Ruhetag sein wird. Außerdem war ich jetzt 14 Tage, seit meinem Heimausflug, ohne einen Ruhetag unterwegs. Nie war das Quartier davür passend.

Das Ankommen in Saint-Pied... war ein Schock. Massen von Touristen verstopften die Rue de la Citatelle und ringsum sind Souvenierläden. Hier war kein normales Gehen möglich.
Bei der Pilgerinformation bekam ich verschiedene Infos, den spanischen Weg betreffend und man war mir bei der Suche nach einem ordentlichen und doch preisgünstigen Zimmer behilflich. Die Preise sind hier wieder jenseits eines Pilgerniveaus, die Zimmer aber nicht. Ich bekam am Rand der Altstadt ein Zimmer mit zwei Betten und einem Einbaukasten um 40,- Euro. Es gibt aber keinen Sessel oder Tisch und Bad/WC sowieso am Gang. In dem Preis ist aber kein Handtuch oder ein Deckenüberzug (es reichte ein Leintuch) enthalten. Das ist aufpreispflichtig und ganz normal am JW in den letzten zwei Wochen. Das Leintuch und der Polsterüberzug, sind aus fließartigem Gewebe, Einwegbettwäsche! Ich hebe die Überdecke hoch und sehe, dieses Leintuch wurde schon benutzt, also kein Einmalgebrauch! Ich reklamiere das und bekomme eine entrüstete Antwort, dass alles gewaschen sei. Ich bleibe hart und erreiche ein murrendes Auswechseln der Bettwäsche, gegen eine andere benutzte und gewaschene Einmalbettwäsche! Da wundert es mich nicht, wenn die Bettwäsche gebraucht aussieht.
Man erlebt schon viel am JW.

Mit dem heutigen Tag habe ich ein großes Zwischenziel erreicht. Mit Saint-Pied... ist der französische Teil meines Weges Geschichte. Dieser Teil war sogar etwas länger als die Österreich- und die Schweizdurchquerung zusammen. Fast 2.000Km (das wird übermorgen gefeiert) bin ich nun auf meinen Beinen unterwegs und es ist auch für mich unfassbar, das erlebt zu haben. Und wenn ich bedenke wie gut es gegangen ist und wie wenig Probleme ich meistern musste. Eine tiefe Dankbarkeit erfüllt mich und es ist mit Worten nicht zu beschreiben.
Nun warten (nur) noch 803Km spanischer Weg bis zu meinem Ziel.
Am Dienstag sind dann die Pyrenäen zu bezwingen und schon ein paar Tage überlege ich, welchen der zwei Übergänge ich wählen soll?
Entweder den alten Pilgerweg durch ein enges Tal und einer Passhöhe von 1.057m oder die 3Km längere und schönere napolionische Wegführung auf 1.420m Seehöhe. Für das Erlebnis sprich die zweite Variante und bei der ersten Variante gibt es auch Autoverkehr. Die Etappe beginnt bei 163m Seehöhe und da ist der Unterschied von fast 400Hm viel. Entweder 890m hochsteigen oder 1260m aufwärtsstreben. Nach 2.000Km in den Beinen meinte Jakobus, der ja auch mit mir geht, ihm wäre die leichtere Variante lieber und so machen wir es auch. Wir müssen niemanden etwas beweisen, es ist unser Weg.

Mit diesem Bericht gönnen sich der Pilger Walter und der Pilgerheilige Jakobus einen wohlverdienten Ruhetag, an dem auch kein Bericht erscheinen wird.
Es grüßt Euch,
Euer Pilger Walter

6 Kommentare:

  1. Lieber Walter, lese mit täglicher Neugier Deine Berichte, die wirklich das Typische erfassen. Finde immer wieder, dass daraus ein Buch werden sollte. Es macht anderen Freude, es zu lesen.
    Wir haben damals die Route Napoléon genommen, aber es lohnt sich wirlich nur, wenn gute Sicht ist.Als wir morgens im Halbdunkel losliefen, war in St Jean schönes Wetter u. bald fingen die Nebelwolken an u. wir sahen kaum die Hand vor Augen. Da hätten wir wahrlich auch auf der Straße laufen können. Ich wünsch Dir eine gute Erholung in der kurzen Pause u.freu mich auf die nächsten Berichte! Ultreja! Martina

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  2. Hallo unser lieber Pilger Walter! Es ist toll, dass deine Beine "nur mehr" 803km bewältigen müssen. Haben gar nicht gewusst, dass es Einwegbettwäsche gibt. Ich finde, dann sollte diese auch originalverpackt sein. Nun, da du jetzt auch baskische Lieder kannst, hast du wieder eine Abwechslung beim "maschierendem Singen". Mit den Hunden scheint es wirklich oft ein Problem zu sein. Haben heute gehört Peter hat einen Katzenjammer!?! Wie du weisst, waren wir heute bei Fritz und Rosemarie, es war wieder super und auch das Wetter war ein Wahnsinn. Eierschwammerl haben wir einen ganzen Korb, nur bei den Schwarzbeeren mussten wir suchen. Werner sitzt derzeit und schnippelt wie ein Wilder, meine Beeren sind schon gewaschen und warten auf Zucker.
    Erhole dich morgen recht gut, einen schönen Pilgergruss an deine Beine und auch dir von deinen Freunden Werner und Ingrid

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  3. Hallo!
    Jetzt hast du deinen vorletzten und längsten Teil deindes Weges gut geschafft! Jetzt sind es "nur" mehr 800km die dich von deinem großen Ziel trennen!
    Liebe Grüße und alles Gute
    Peter!
    PS: Deine Hitze hättest uns nicht schicken müssen, wir hätten es dir auch so geglaubt :-)

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  4. Hallo

    Nun hast du halb Österr., die ganze Schweiz und morgen ganz Frankreich durchquert, du bist super !
    Ich wünsch dir für den letzten Teil ,der nur mehr "800 km" beträgt , alles Gute!

    Liebe Grüße Kathrin

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  5. Hallo Walter!

    Ich denke, du hast durch deinen Weg einen tieferen Einblick in die Länder und deren Menschen gewonnen, als es dir gegenwärtig bewusst ist. Der Mensch profiliert sich meist erst, wenn's problematisch wird. DU hast zweifellos genug Profil, um auch die restlichen 803km souverän hinter dich zu bringen.

    Lg, Gerald

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  6. hallo pilger walter! unser hochachtung zur erbrachten leistung. nach österr.,schweiz und frankreich, stehst du nun vor dem letzten abschnitt des jw. du hast bis jetzt alles toll gemeistert, da werden die noch ausstehenden km, für einen wie dich kein auftrag sein.
    alles gute und weiter ein unfallfreies gehen auf deinem weg. alexandra und werner

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