Dienstag, 23. August 2011

Pilgern nun in Spanien

Liebe Pilgerfreunde!
Nun GEHT es wieder weiter - Ultreja, ultreja!
Nach einem sehr angenehmen Ruhetag bin ich wieder auf meinen Beinen, um nun noch den spanischen, den klassischen Teil des JW zu bewältigen. Geh nur geh, alter Pilger, geh nur geh...
Nun gilt es noch diese Strecke zu bewältigen, die viele als "den Jakobsweg" bezeichnen und auch "nur" diesen gehen (oder noch später einsteigen). Bei aller Überlaufenheit dieses Weges, freue ich mich doch schon, hier an einigen Stätten vorbei zu kommen, die ich schon bei unserer Pilgerreise 1988 mit St. Jakob und bei einer Pilgerwanderreise 2006 mit der Weizer Pfingstvision, kennen gelernt habe. Diese Begegnungen mit dem JW, besonders die erste, hatten auch maßgeblichen Anteil, dass ich mit dem JW-Virus infiziert wurde.

Gestern genoss ich den Ruhetag und es gab auch wohltuende Abwechslungen im Pilgeralltag.
Noch am Sonntag, am Tag des Ankommens in Saint-Jean-Pied-de-Port, war ich gerade am Fertigstellen meines Berichtes, als ich auf den Straßen Musik hörte. Schnell beendete ich den Bericht und schickte ihn Online (hoffentlich nicht mit zuvielen Fehlern) und suchte die Herkunft der Musik. Es fand ein großer Umzug statt, bei dem die Bevölkerung das Leben um 1900 in vielen Szenen darstellte. Es war ein buntes Treiben mit viel Musik, verkleideten Menschen von Jung bis Alt und vielen mitgeführten oder ziehenden Tieren. In einem Stadion gab es dann ein Folklorefest, für das man nicht billige Eintrittskarten brauchte. Ausserdem fand das in der ungeschützten Nachmittagssonne statt. Die Einheimischen waren wenigstens mit Schirmen "bewaffnet". So verzichtete ich auf diesen Teil.
Gestern, an meinem Ruhetag, war ein anderes Ereignis für die Pilgerzerstreuung verantwortlich. Es war Markttag in der Stadt und das an drei unterschiedlichen Orten. In der historischen Stadt haben die Souvenierläden und Geschäfte Stände mit ihren Waren auf die Straßen gestellt. Ausserhalb der Wehrmauern war ein üblicher Kirtagsmarkt mit allerlei Tand und der interessanteste Marktteil war gleich neben meinem Hotel, unter einem großen Marktdach. Hier gab es eine Vielzahl an Anbietern kulinarischer Spezialitäten des Baskenlandes. Das war ein Schauen, Riechen und Verkosten! Hier machte das Bummeln zwischen den vielen Menschen auch Spaß und der Pilger Walter kostete sich durch die Angebote. Als Nichtpilger wäre ich mit einer großen und gut gefüllten Einkaufstasche nach Hause gegangen. So habe habe ich "nur" kosten und probieren können, zum Beispiel die vielen Käse-, Schinken-, Wurst- und Mehlspeisvariationen und auch Proben baskischen Weines haben mir gemundet. Ein paar erworbene kleine Spezialitäten waren dann auch gleich mein Mittagsmahl.
Ein Bummel durch die Altstadt, über die Wehrmauern und hinauf zur Zitadelle standen auch am Programm des Ruhetages.
Und dann war Vorbereitung angesagt. Die nächsten Etappen mussten ausgearbeitet und das Spanisch aus den Tiefen der Hirnwindungen wieder hervorgeholt werden. Ich bin sicher, es wird ein deutschfranzösisches Englisch werden, mit einigen Brocken Spanisch. Gemeinsam mit Händen und Füßen werde ich sicher wieder durchkommen.

Heute bin ich wieder mit viel Elan losgestartet. Die Füße und Gelenke mussten zwar erst wieder warm und geschmeidig werden, aber nach ein paar Km gings wie geschmiert (dabei hat mir niemand Geld angeboten).
Wie schon berichtet, habe ich mich für die Lightversion der Pyrenäenüberquerung entschlossen. Der Wetterbericht, der von einem Wetterumschwung berichtete, und der Blick auf die Berge heute morgen, bestärkten mich zu diesem Plan. Die Wolkendecke hing sehr tief und da ist das Schöne am langen Weg, die gute Aussicht, auch für die Katz. Je weiter ich ging, desto glücklicher war ich, die Enscheidung so getroffen zu haben. Sogar bei meiner Passüberquerung bei 1.057m waren noch Wolkenfetzen am Weg und alles was darüber war, bis zu den 1.420m war tief in den Wolken.
Ich fand auch das Gehen in der Schlucht oft sehr reizvoll und die Strecken mit Autoverkehr waren kein Problem, weil wenig Verkehr war.
Auf jeden Fall war ich hier auf dieser Strecke fast alleine unterwegs. Nur eine Deutsche, ein Neuankömmling am JW, traf ich. Und am anderen Weg muss viel Verkehr gewesen sein, denn schon am Morgen, beim Frühstück, zogen Scharen mit fast laufenden Schritt vorbei. Bei den steilen Stellen wird es ein Gedränge gewesen sein. Wieviele unterweg sind, sah man schon nach Mittag bei der großen Herberge in Roncesvalles, wo schon viele warteten eingelassen zu werden.
Auch auf meinem Weg waren steile Passagen zu bewältigen und die geplanten 880Hm wurden um einiges mehr, denn zwischen Startpunkt und dem Ibanetapass gibt es einige zusätzliche Auf und Abs zu bewältigen und das feuchte Wetter ließ mehr Schweiß rinnen, als ich Wasser trinken konnte. Zum Glück habe ich heute eine Extraportion Wasser mitgenommen und auch ein Sandwich, damit ich mich verpflegen konnte.

In der bekannten kirchlichen Herberge in Roncesvalles wollte ich nicht unterkommen und suchte nach einem Privat- oder günstigen Hotelzimmer, aber das konnte ich mir abschminken.
Privatzimmer gibt es Null. Bei einem Hotel gibt es EZ um 50,- plus Frühstück. Das ist mir zu teuer. Das zweite Hotel ist ausgebucht und so probiere ich es beim Touristenbüro, mit zwei Alternativen als Ergebnis. Hotel oder Herberge! Grummel, grummel, ich will nicht zu DIESER Herberge mit einem Schlafsaal für 130 (!) Personen, der zwar als interessanter mittelalterlicher Raum mit besonderer Akustik beschrieben wird. Er hat den Beinamen "der Schnarchsaal". Auch die Sanitäranlagen sind nicht ausreichend. Nein, da will ich nicht hin und muss trotzdem den Weg dorthin antreten. Es soll nun auch einen "neuen" Schlafsaal geben, mit halbhohen Zwischenwänden. Gottergeben füge ich mich meinem Schicksal. Aber noch immer spähe ich um einen Ausweg und komme bei einem im alten Gemäuer untergebrachten Apartemento "Casa de los Beneficiados" vorbei. Auf dem ersten Blick als Luxus zu erkennen. Trotzdem gehe ich hinein, die Aussicht auf die Herberge schreckt ab, und frage nach den Preis. 65,- Euro und 9,50 für das Frühstück war die freundliche Auskunft. Die Rezeptionistin hat meinen Schreck erkannt und ist mir dann auf 54,- entgegen gekommen (+ Frühstück). Auch das ist mir zu teuer und sage ihr das. In Gedanken sehe ich mich schon mitten unter zig Schnarchern, da meinte die nette Frau, sie wisse 3Km weiter, im nächsten Ort Burguette, eine Unterkunft um 25,- Euro + 3,50 fürs Frühstück, wenn ich nichts dagegen habe, das Bad mit einem anderen Gast zu teilen. NEIN, in der Herberge muss ich es mit 100 Pilgern teilen! Sie ruft noch an und reserviert mir das Zimmer. Ich bekomme noch einen handgezeichneten Plan und kann glücklich von dannen ziehen - Herberge ade. Danke Jakobus.
Nun hatte ich Muse mit Ruhe die Kirche zu besichtigen und zu Beten. Ein kühles Cerveza in einem Restaurant gab noch den Schwung für die 3Km und schon war ich aus Roncesvalles wieder draussen. In einem kleinen Supermarkt kaufte ich mir noch ein Bier und eine Kecksrolle, um bis zum Abendessen zu überleben. Wenn die Preise so bleiben, dann wird Spanien viel billiger.
Das Zimmer in einem Privathaus ist voll in Ordnung. Sehr sauber, Handtücher und Bettdecke inklusive und alles (Türen, Fenster, Dusche) funktoniert!
Zum Essen werde ich in den Ort in ein Restaurant gehen. Die Pilgermenüs dürften auch sehr preiswert sein.

Das war mein erster spanischer Tag und nur noch 29 Gehtage folgen bis zum Ziel. Morgen in einem Monat bin ich in SdC und die 2. Million an Gehmetern habe ich auch heute erreicht. Das sind doch gute Nachrichten - oder?
Adios, Euer Pilger Walter

5 Kommentare:

  1. Hallo Walter!

    Und ob das gute Nachrichten sind!
    Walter, ich sage es immer und immer wieder: Du kannst echt stolz auf dich sein, nicht nur aufgrund deiner bewältigten Km. Allein die Tatsache, dass dir stets hilfsbereite Menschen begegnen lässt erkennen, wie du ihnen begegnest.

    Lg, Gerald

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  2. Hallo!
    Ich kann mich noch gut erinnern, da habe ich geschrieben, dass du 1000000m unterwegs warst und jetzt sind es schon wieder doppelt soviele. Ein Wahnsinn was du schon geschafft hast und heute noch die Pyrenäen überquert und spanischen Boden betreten.
    ich hoffe du trinkst nicht nur Bier sondern auch guten spanischen Wein und denkst dabei an mich :-)
    Liebe Grüße
    Peter

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  3. 2.000.000
    und vermutlich noch ein paar Zerquetschte - ein Wahnsinn, kann man sich eigentlich gar nicht vorstellen - und du bist diese 2 Mio Meter schon unterwegs! Eine tolle Leistung, zu der wir ganz herzlich gratulieren - neben der heutigen Überquerung der Pyrenäen! Einfach super. Und wie Gerald schreibt - du kannst wirklich sehr stolz auf dich sein, auch, wie du offensichtlich moralisch gut drauf bist und dich auf den spanischen Teil freust. Hoffentlich hast du viele so nette und freundliche Leute, die dir weiterhelfen und dir gute und günstige Quartiere verschaffen. Das spanische Essen und der spanische Wein stehen dem Französischen sicher um nichts nach! Geniesse es - wie auch den Weg, den du noch zu bestreiten hast. Lieber Walter, wir wünschen dir auch für den spanischen Teil die Kraft, Ausdauer, positive Einstellung, keine blöden Viecher und Gottes Segen, dann wirst du (auch mit Hilfe des Hl. Jakobus) dein Ziel, in die Kathedrale von Santiago zu kommen, in einem Monat erreichen! Das notwendige Glück wünschen wir dir! In diesem Sinne alles Gute und ganz liebe Grüsse von deinen Freunden Ingrid und Werner.
    PS: danke - Alexandra und dem Baby geht es sehr gut!

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  4. Lieber Walter, wie schön ist es immer wieder, von den "Zufällen" zu hören, die Dir so auf dem Jakobsweg begegnen! Es ist sicher eine gute Idee, kurz nach den großen Etappenzielen ein Quartier zu suchen. Du weißt ja, Jakobus ist mit Dir und alle unsere guten Gedanken u. Gebete.
    Ultreja! Martina

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  5. Lieber Walter,
    die Herberge in Roncesvalles ist umgebaut worden. Es ist keine 130 Betten Schnarchsaal mehr, sonder, moderne 4-er Kojen mit Super Sanitärräumen!!
    Ultreya
    Peter

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