Sonntag, 28. August 2011

Es geht weiter nach Westen

Liebe Freunde!

Überraschend groß und beeindruckend ist die Kirche Santa Maria in Los Arcos. Sie gehörte früher, der romanische Beginn ist von 1175, zu den größten Kirchen am JW. Das Innere ist überwältigend und fast erschlagend in ihrer Ausführung. Hier eine Kirche dieser Dimension und Ausstattung zu finden, war nicht zu erwarten, denn in keinem Guide wird sie erwähnt. Die sehr schöne Madonnendarstellung mit Kind dominiert das Zentrum des Altaraufsatzes. Ein aufliegender deutscher Kirchenführer (!) erklärt die vielen Details der überreichen barocken Altaraufsätze.
Das mächtige Geläute der Kirchenglocken, die zur späten Abendmesse rufen, dringen sogar im nahen Restaurant durch die dicken Mauern des Kellergewölbes in den Speisesaal des Lokals.

Für die Nacht habe ich in der österreichischen Herberge doch mit einigem Lärm gerechnet, aber in meinem Zimmerchen habe ich nichts davon bemerkt und ich habe gut geschlafen. Einmal musste ich in der Nacht aufstehen und am Weg zum WC war laut und deutlich das intensive Sägen eines nervtötenden Schnarchers zu hören. Wie genoß ich dann wieder das Einschlafen in meinem ruhigen Zimmer!
Nach Tagen mit einem Notfrühstück aus dem Automaten und Wochen mit ungenügend gefüllten Magen am Morgen, gibt es im Casa Austria wieder ein einfaches, aber ordentliches Frühstück. Ratet einmal, was das Beste daran war?
Ein Frühstück mit selbstgebackenen dunklem Brot und Körndlbrot (Hmmm),
und ich kann essen soviel ich will und kann satt und gesträrkt den Tag angehen.

Um 7h gehe ich los und es wird gerade Tag. Bald darauf zeigt sich der Morgen mit einem wunderbaren Sonnenaufgang von der schönsten Seite. Mein Schatten ist genau vor mir und zeigt nach Westen, Richtung SdC, und er war sicher 100m lang.
Viele Fotomotive bot dieser schöne Morgen.

Ich ging dann alleine den Weg weiter, alle anderen Pilger waren abgeschüttelt, da glaube ich Halluzinationen zu haben. Ich höre leisen Kirchengesang und weit und breit ist nur Landschaft zu sehen. Habe ich vieleicht den Status, bei erfolgter Pilgerreise nach SdC, direkt in den Himmel zu kommen, schon erreicht und gehe vielleicht pilgernd auf einer Wolke? Mir fehlen dazu nur die Engeln mit ihrem Harfenspiel.
Erst ein paar hundert Meter weiter, der Weg hat eine kleine Anhöhe erreicht, klärt sich das als normales irdisches Geräusch auf. Aus einem kleinen und etwa 1-2Km entfernten Ort in einer Senke, hört man in der Stille des Morgens den Gesang aus der Kirche über große Distanzen. Ich befinde mich also doch noch unter den irdischen Pilgern :-)

Heute ist eine gute Kondition notwendig. In diesem hügeligen Gelände geht es ständig bergauf und bergab. Teilweise steigt es gemächlich, aber stetig, oder es sind giftige Steigungen, wo sogar beim Stockeinsatz, die Stöcke durchrutschen.
Auf einem der wenigen ebenen Wegstellen passiert es dann. Endlich, nach über 2.000Km, ist ein Pilger schneller als ich. Ein Spanier mit leichterem Gepäck zieht an mir vorbei und ich lasse ihn gerne gehen. Abgerechnet wird immer am Ende des Tages. Er hat schon etwa 200m Vorsprung, da war wiedereinmal eine dieser gemeinen Steigungen zu bewältigen, und der Spanier schwächelt merkbar am Berg. Wer bergerfahren ist und die Schweizer Bergwelt bezwungen hat, der lässt sich durch eine solche Steigung nicht aus dem Rhythmus bringen. Der Spanier hört und spürt mich näher kommen und blickt überrascht zurück. Er hat eben noch keinen österreichischen PGV gesehen. Ich gehe ohne langsamer zu werden meinen Schritt weiter und bergauf habe ich ihn, schwitzend zwar, aber mit viel Elan zurück überholt. Wir lachen beide und jeder geht dann seinen eigenen Schritt weiter.

In Viana machte ich kurze Pause und da gönne ich mir ein leckeres Tapas und ein kleines Bier in einer Bar gegenüber der verschlossenen Kirche. Hier, so wie auch schon in Los Arcos, sieht man entlang der schmalen "Hauptstraße" die mächtigen Absperrgatter für das Stiertreiben und das endet dann in einer improvisierten Stierkampfarena, dem Freizeitvergnügen der Spanier.

Nach mehr als 28 anstrengenden Kilometer erreiche ich Logrono. Dieses Erreichen war umso schwieriger, als man die Stadt von den Hügeln davor, schon seit 15Km sieht und wie wir Steirer sagen: "Das zaht sich dann".
Hier habe ich großes Glück bei der Zimmersuche. In Pamplona habe ich mir im Haus Padderborn ein mickriges und fast unlesbares Heftchen mit Quartierinfos gekauft und finde für Logrono einige Zimmermöglichkeiten. Gleich beim ersten Versuch, nur 100m neben dem Kathetraleneingang, finde ich ein schönes und gutes Zimmer um 25€. Da bin ich glücklich und danke Jakobus dafür und Euch allen, die Ihr mir immer ein gutes Zimmer für mich wünscht. Es gibt hier leider kein Frühstück, aber 200m weiter, habe ich schon eine Bar entdeckt, die um 7h öffnet.

So bin ich wieder gut untergebracht und zwei der drei Grundbedürfisse habe ich schon abgedeckt.
Erstens, ein Zimmer für mich.
Zweitens, ein gutes Bier, mit einer großen Dose San Miguel, damit der Mineralienhaushalt stimmt.
Und Drittens folgt noch - ein ausgiebiges und gutes Abendessen.
So kann es weiter gehen und ich danke Euch, für die vielen aufmunternden Kommentare.
Euer Pilger Walter

8 Kommentare:

  1. Hallo Walter!
    Dass der Spanier leichteres Gepäck hatte versteht sich wohl von selbst...
    Ich hoffe, ich bekomme ein paar Fotos zu sehen, wenn du wieder hier bist. Wenn sie nur halb so schön sind, wie deine Beschreibungen, müssen sie absolut sehenswert sein.
    Lg, Gerald

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  2. Hallo lieber Pilger Walter

    Die letzten Tage waren auch bei uns sehr heiß.
    Wir haben unlängst sehr schöne Tage in Gerlos verbracht,und Wanderungen unternommen, natürlich nicht vergleichbar mit Deinem JW.
    Am Freitag besuchten wir natürlich das Leobner Weinfest.
    Aus Deinen Berichten kann ich entnehmen, daß Du sehr gut unterwegs bist, jedoch bedenke,der hl.
    Jakobus auch nicht mehr der jüngste ist, und Du ihm nicht davonlaüfst. Ich hoffe, er verliert Dich nicht aus den Augen, und ich bete dafür daß er Dich im Auge behält.

    Das wünschen wir von Herzen.

    Gerti und Franz

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  3. Hallo!

    Das ist natürlich klar, dass du als Berg erprobter Pilger, trotz der vielen vielen Kilometer, die du am Weg nach SdC schon geschafft hast diesen Spanier locker am Berg einholst! Da schlägt die Erfahrung und das viele Training auf der Mugel voll durch!

    Liebe Grüße
    Peter

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  4. Buenas noches Walter, ich freue mich immer mit Dir, wenn es mit dem Zimmer klappt. Ist ja spannend wie ein Krimi.Hatte ein ähnliches Erlebnis am Berg mit 2 Jugendlichen, die ich "abhängen" konnte, obwohl sie keinen Rucksack hatten. Herrlicher Triumpf, aber es ist bei mir viel Schweiß geflossen.Morgen erwartet Dich das Steinmännchental hinter Ventosa u.die Schrift an der Wand: Pilger wer ruft Dich?
    Buen camino!Martina

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  5. Hallo Walter,
    danke für deine Karte aus Spanien. Viele schöne Grüsse von der ganzen, Urlaubsbedingt doch dezimierten, Leobner "Mannschaft". Schön von dir zu lesen, wie du deinen Weg nach SdC meisters. Wünsche dir noch viele weitere schöne Erlebnisse und viel Kraft für deine restliche Wegstrecke. lg Erich

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  6. hallo pilger walter! der pgv läuft und läuft und läuft und....! wenn du weiter so ein tempo vorlegst wirst du sdc füher erreichen als geplant. auch wenn einige nur mit leichtem gepäck unterwegs sind, wenn es bergauf geht können sie dich nur von hinten beobachten. für die restlichen km alles gute und die nötige kraft. alexandra und werner

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  7. Lieber Walter, heute haben wir endlich deine berichte wieder geniessen können - deinen bisherigen spanischen Pilgerweg. Der Beginn war ja nicht wirklich erquickend mit schlechtem Quartier, Essen, Zimmernachbarn, etc. Aber dem Hl. Jakobus sei Dank, dass es dir doch gelungen ist, wieder ordentlich zu nächtigen. Auch die Wege - vor allem jene bergauf - tun dir sichtlich gut, vor allem, wenn du (mit einem Grinsen)den PGV wieder hervorholst und "aufmüpfige" spanische Überholer wieder überrundest. Unsere Therapien bisher sind toll - wir denken dabei oft an dich und würden auch dir davon gerne etwas abgeben. Der Hl. Jakobus und du selbst therapieren deine Körper - wie du schreibst - ja hervorragend (siehe Kreuz und Spinnzehe). Wettermässig sind wir bisher toll bedient, hoffentlich bleibt es so, haben nach den Therapien schon etliche tolle Wanderungen unternommen. Gestern z.B. auf den Stubnerkogel, zu Beginn am Morgen noch mit rund 8-10 cm Neuschnee!!! Aber dafür traumhafte Sicht auch Grossglockner und Dachstein bzw all die übrigen Berge der Tauern.
    Lieber Walter, wir wünschen Dir für den Rest deiner Pilgertage alles Gute und Gottes Segen, vor allem dass Dir der Hl. Jakobus bei der Quartiersuche immer beiseite steht, damit du dich nächtens ordentlich erholen kannst. Alles Gute weiterhin, ganz liebe Grüsse und bis bald! Ingrid und Werner

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  8. hallo walter!
    noch einigen wochen les ich mal wieder in deinem "biachl"...muss sagen "hut ab", bist ja immer noch recht fit unterwegs...
    weiter so...
    wirklich schöne grüße aus wien
    und im wahrsten sinne des wortes MOXGUAT
    berni

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