Nicht immer ist man im Nachhinein klüger. Gestern war ich es vorher. Was ich von meinen Tischnachbarn beim Essen gehört habe, ließen mich die 40€ für mein Zimmer wieder etwas erträglicher werden.
Im Führer wurde schon vermerkt, dass es bei der Herberge Qualitätsmängel gibt und es muss noch ärger geworden sein. Schmutzig, total durchgelegene Betten und wenig Sanitärmöglichkeiten. Dazu die großen Schlafsäle und beengten Verhältnisse. Alle Pilger beklagten sich.
Essen konnte man im ganzen Dorf nur in einem Restaurant und dem entsprechend lief das Essen dort auch organisiert und in Schichten ab. Ich hatte noch Glück und konnte um 7h essen und das war es dann auch - satt bin ich geworden.
Vor dem Restaurant hörte ich deutsche Worte und ich setzte mich dann zu einem Badener und drei Deutschen an den Tisch. Links von mir setzten sich noch vier junge Deusche dazu. Alles Frischlinge am JW und ich als Langzeitmarschierer in der Mitte. Das genoss ich :-) Wie zu einem Guru schauten sie zu mir hoch, was ich den zu dem oder anderen sage, welche Erfahrungen ich habe und wie es denn überhaupt am JW sei. Zuerst bescheiden gab ich das Eine oder Andere aus meinem geistigen Schatzkästchen preis, aber mit zunehmenden Weinkonsum, die Frischlinge versorgten mich gut damit, holte ich die Schmankerln aus meinem Pilgerleben hervor und ich amüsierte nicht nur meine Tischgesellschaft, sondern mich selbst auch. Es ist oft haarsträubend, mit wie wenig Wissen und Vorbereitung in diesen Weg gegangen wird. So war der Abend, trotz eines Essens der Masse, statt der Klasse, für mich doch ein gelungener Abend. Vor allem beim Nachhause gehen. Ich gehe in mein Zimmer und brauche nicht in diese Refugio, die meiner nicht würdig ist.
Schon um 6h morgens waren die ersten Aktivitäten von den Mitpilgern zu hören und um 6:30, noch in der Finsternis, stürmten die Ersten aus der Pension weg. Frühstück gab es keines, aber 50m weiter war ein kleines Geschäft, welches auch Getränke verkaufte und zum Essen suchte man sich aus dem Angebot, was einem behagte. Dieses Geschäft war dann auch Treffpunkt aller Pilger, die nicht mit leerem Magen weggehen wollten. Lustig war dabei die Rucksackparade vor dem Geschäft.
Wie üblich lief im kleinen Gastraum auch ein Fernseher und der sagte für heute Regen und Gewitter vorher. Geworden ist es ein heißer Tag mit 32° und lebhaften Wind. Ab Mittag wurde das Gehen anstrengend.
Viele Pilger sind zur gleichen Zeit weggegangen und es wurde wieder eine Prozession, aber ohne Vortragskreuz.
Ein Pilger hat dann gleich mitten auf der staubigen Piste seinen Rucksack ausgeleert und ich denke mir, was hat der vor? Hat er was vergessen? Er kramte ganz nach unten und von dort hörte man ein Beep, beep, beep - beep, beep, beep. Der Wecker hatte verschlafen und rief zum Aufstehen.
Interessant anzusehen sind die Pilger von hinten, ihren Gehstil, die Ausrüstung usw.
Einige gehen, den oft schlechten, steinigen und steilen Weg, mit Sandalen! Eine Pilgerin weiß anscheinend nicht, was sie mit den Gehstöcken anfangen soll. Sie trägt Stöcke in den Händen nach hinten gestreckt und bewegt die Arme im Takt mit. Will sie sich vor unliebsamen Angriffen von hinten schützen?
In der ersten Stunde habe ich mehr als 30 Pilger überholt und dabei bin ich noch nicht meine Hochgeschwindigkeit gegangen. Es waren gute Wege und das Morgenlicht hat die Landschaft in wunderschöne Farben getaucht und das ergab auch einige Fotomotive. Auch der blaue Himmel mit weißen Schäfchenwolken war zum Fotografieren schön.
Einigen meiner treuen Tagebuchleser wird vielleicht schon aufgefallen sein, dass ich schon längere Zeit nicht mehr über meinen Spinnzehen geschrieben habe. Wir haben da eine Vereinbarung: "Er spinnt nicht mehr, ich sage nicht mehr Spinnnzehen zu ihm". Das hat sich auch am JW gebessert - ein Wunder! Wenn Jakobus nicht schon heilig gesprochen wäre, hätte ich schon zwei Leiden (Lendenwirbelsäule und der nämliche Spinnzehen), die auf seine Fürsprache geheilt wurden. Ich stelle mir vor, wie man dann Jakobus darstellen würde? Mit krummen Kreuz und aus den Schuhen blickenden Zehen?
Was sehr bedauerlich ist, ist die Tatsache, dass in Spanien leider fast alle Kirchen geschlossen sind. Und ist dann eine Kirche offen, wird für den Besuch ein Obolus verlangt - siehe Pamplona.
Aufgefallen ist mir heute, wie ich durch die Vorstädte Pamplonas der Stadt zustrebe, dass Pamplona (166.000 Ew) nach Genf größte Stadt seit Wochen ist, durch die ich gegangen bin. In ganz Frankreich, war Le Puy eine größere Stadt.
Pamplona und seine Umlandgemeinden verdienen sich einen Orden für ihr perfektes Pilgerwegleitsystem mit großen Tafeln und durchgängig alle 5m mit polierten und gravierten Stahlwegweisern am Gehsteig. Da kann man sich nicht verlaufen. Danke!
Ich wähle beim Hineingehen in die Altstadt den längeren Weg und komme bei den gigantischen Festungsmauern vorbei, die dann von oben bedrachtet, sehr beeindruckend sind. Mit vollem Gepäck mache ich doch eine kleine Sightseeingtour, natürlich auch zur Kathetrale, doch die bleibt von mir unbesichtigt. Ich zahle nicht für einen Kirchenbesuch (siehe Stams) um dort zu beten. Gebetet habe ich dann am Platz vor der Kirche und bei der Kirche San Sartunino, wo gerade eine Messe gefeiert wurde.
Mit einen kleinen Pause in einer Altstadtbar mit Cervesa und einem einem leckeren Tapas beendete ich den Pamplonarundgang und entlang der Metallwegweiser ging es hinaus bis an die Stadtgrenzen. Jetzt zeigte die Sonne schon, wie kräftig sie die Straßen aufheizen konnte.
Das lange Gehen auf den Gehsteigen macht auch ganz müde. So war ich glücklich, heute nur eine Kurzetappe mit etwas mehr als 20Km geplant zu haben.
Zu meinen heutigen Etappenziel, Cizur Menor, war es dann nur 5Km zu gehen und es kam wie befürchtet. Es gibt in diesem Ort nur zwei Herbergen, eine einfache des Malteserordens und eine ordentliche private Herberge. So bin ich heute in einem Zimmer mit 10 weitern Pilgern und noch ca. 40 weiteren Gästen in den anderen Zimmern. Das wird morgen ein Gedränge werden bei der Morgentoilette, bei zwei Waschbecken für die Männer.
Abendessen kann man in einem Restaurant mit preiswertem Pilgermenü um 10€ alles inklusive. Und beim Frühstück kann ich hoffentlich auch zu dem Restaurant gehen. Notfalls muss ich mich aus dem Automaten notverpflegen.
Leider werden mir auch in den nächsten Tagen die Refugios nicht erspart bleiben und ich will mich aber in "meinem" Zimmer allein erholen! Wer nun sagt, dass gehört zum Pilgern, den streiche ich von meiner Freundesliste. Ich muss gehen, beten, vieleicht singen und meinen Geist, mein Ich, neu einrichten, aber unterklassig (nicht) schlafen, dass ist nicht notwendig.
Wünscht mir bitte täglich mein eigenes Zimmer.
Euer Pilger Walter
Lieber Walter, ich verfolge täglich Deine oft sehr amüsanten Berichte u. weiß auf dem Camino Francés ja auch nur die Hotels, da wir damals vom Bayerischen Pilgerbüro so versorgt wurden. Was natürlich auch sehr angenehm ist, wenn man abends nicht erst suchen muß.Aber ich habe auch immer gerne(!) ein Zimmer für mich alleine, wenn irgend möglich. Morgen hast Du hoffentlich schönes Wetter u. damit einen schönen Blick auf dem Alto del Perdón.Ultreja!Martina
AntwortenLöschenHallo!
AntwortenLöschenHeute ist der 25. August, das heißt, dass du in genau einem Monat die Kathedrale in Santiago betreten wirst und dein großen Traum verwirklichen kannst. Bist dorthin wirst du noch viel Meter pilgern, viele andere Pilger überholen und sicherlich noch oft geprüft werden, aber der hl. Jakobus wird auf deiner Seite sein!
Liebe Grüße
Peter
hallo pilger walter! wir lesen täglich mit begeisterung deine berichte. wünschen dir natürlich jeden tag dein eigenes zimmer mit bad und wc. sollte es wider erwarten anders sein, möge der hl.jakobus dir einen ruhigen schlaf bescheren.alles gute und angenehmes pilgerwetter
AntwortenLöschenfür die nächsten km. alexandra und werner