Nun ist der Sommer in Frankreich endlich eingekehrt. Endlich gibt es keine Wettersorgen mehr, auch wenn die Hitze auch belastend sein kann. Aber lieber so, als nass.
Sogar gestern Abend war es einmal angenehm warm, so etwa 25°. Das tat dann beim Bummel durch den kleinen und netten Ort Saint-Come-d'Old richtig gut. Essen gab es dann beim Verwalter der kommunalen Gite und Besitzer der einzigen Zimmervermietung. Wir waren zum Essen zu siebend. Sechs Frauen und ich. Drei kamen aus Frankreich, wobei ich zwei nette und etwas deutsch sprechende Frauen (Mutter und Tochter) schon vor fast einer Woche kennen gelernt habe. Dann waren noch zwei getrennt gehende Deutsche, die ich auch schon kennen gelernt habe, aber deren Gesellschaft ich nicht unbedingt suche. Beide sind ein wenig anstrengend und ich bezeichne sie als alternative Vergeistigte. Dann war noch eine bummelnde Schweizerin auf Erholungs- und Erfahrungsurlaub.
Nicht alleine essen zu müssen war das Positivste am Abend. Aber auch das Essen war sehr gut und reichlich. Ich habe mir dazu einen halben Liter Rosewein um 3,- Euro gegönnt, nur hat auch er keine Schlafvertiefung (siehe nächsten Absatz) gebracht.
Die Nacht war leider nicht störungsfrei. Der einzige Bettnachbar, ein Belgier, war des nächtens sehr mitteilsam. Zum Einen versuchte er sich mit Erfolg an den Schnarchsinfonien in Dur und auch in Moll. Erzählen wollte er mir auch etwas, nur das Gemurmel war nicht zu verstehen. Was er mir mit seinem ständigen lauten Gefurze mitteilen wollte, weiß ich nicht.
So war die Nacht nicht sehr schlaferholsam und deshalb habe ich lieber mein eigenes Zimmer.
Heute stand wieder eine lange Etappe mit 33Km am Programm und die war dann recht anstrengend. Etwa dreiviertel der Strecke ging es auf Asphaltstraßen dahin und das merkt man dann schon.
Einige recht giftige Anstiege standen heute auch am Programm und die waren durch die Hitze besonders gewürzt.
Schon am VM musste ein steiler Anstieg, ca. 150Hm, bezwungen werden. Dafür ging es dann auf einem Plateau mit schöner Aussicht dahin. Die Landschaft war fast österreichisch, so wie im Waldviertel.
Besondere Höhepunkte waren die Orte Espalion und Estaing. Wobei letzterer sehr von Touristen belagert wurde. Auf den Aufstieg zur Burg mit einer guten Aussicht verzichtete ich aber. Ich gönnte mir bei einer Bäckerei etwas zu Essen und zum Trinken und saß beobachtend an einen Straßentischchen.
Von Estaing ging es noch gemütlich, auf Asphalt, neben dem Fluß Lot dahin, aber dann kam die heutige Bergetappe.
Auf einer abwechselnd steilen Asphaltstraße und noch viel steileren "Abkürzungssteigen" ging es etwa 350Hm nach oben. Die Sonne hatte inzwischen ihren Zenit erreicht und so war dieser meist schattenfreie Anstieg fast brutal.
Ich kann nicht sagen, was mir lieber war? Die fast ganz schattenlose, aber natürlich nicht so steile Asphaltstraße oder die extrem steilen und zur Hälfte schattigen Anstiege. Wenn ich schon Probleme habe, die Schritte nach oben zu setzen, dann kann man sich vielleicht vorstellen, wie steil es war.
Dafür war die Asphaltstraße ein Backofen, von oben war die höchste Grillstufe eingeschalten und von unten, vom Asphalt die Pizzastufe.
Ich weiß nicht, wie ein gegrillter Pilger schmeckt, aber er muss sehr salzig schmecken.
Bis zum Zielort Golinhac ging es zwar ein paar Mal etwas bergab, aber die Gesamttendenz war nach oben und es wurde schon ein langes Gehen.
Endlich war das Ziel erreicht und neben meinem ausgesuchten Hotel habe ich zuerst die Kirche besucht. Durch das anstrengende Gehen leidet auch die Bet- und Singfreudigkeit und hier konnte ich es nachholen.
Im Hotel wurde gerade geschlossen, alle Zimmer sind belegt/reserviert. Super, und was nun?
Die einzige Zimmeralternative war noch ein Chambre d'hotes, nur dazu musste ich fast 2Km zurück gehen. Dort angelangt, gab es den nächsten Rückschlag, es ist auch alles belegt!
Die nette Vermieterin, die perfekt Deutsch sprach, ihr Vater war Deutscher, versuchte Alternativen zu finden. Die Gite sei vermutlich auch voll und ist für mich auch nicht attraktiv.
Zuerst wollte ich weitergehen, bis zu zwei Stunden, wenn es dort ein freies Zimmer gab. Die Vermieterin rief an, doch das Hotel nahm keine Gäste auf, weil das Hotel wegen Bettwanzen, die in der Region aufgetreten sind, entseucht wurde. Sie erzählte mir, dass sie von ihrem Gatten, der Tierarzt ist, wusste, welche Herberge und welches Quartier man derzeit meiden musste. Das hat mir noch gefehlt!
Die Frau war aber so nett und rief an die 10 Vermieter in der ganzen weiten Umgebung an und immer hieß es: Belegt! Dann endlich, die erfreuliche Nachricht. Weit weg vom JW, etwa 10-15Km, gibt es ein freies Zimmer und der Vermieter holt mich mit dem Auto ab - Gerettet! Morgen muss ich halt einen anderen Weg nach Conques beschreiten.
Nun sitze ich hier in einem netten Chambre d'hotes und schreibe wieder alles auf, damit Ihr zu Hause seht, wie so ein Pilgerleben ist.
Euer Pilger Walter