Mittwoch, 27. Juli 2011

Jubel - Halbzeit

Ja, liebe Pilgersfreunde, ich habe heute sicher die Halbzeit meines Pilgerweges überschritten. 1.407Km stehen in meinem Tourenbuch und bis SdC sind es geplant nicht mehr soviele Km, aber es kommen sicher Zusatz Km dazu, so wie heute.
Wie bei einer Fußballhalbzeit habe ich mir in meinem Hotel als Erstes ein großes Bier genehmigt und das hat heute so richtig geschmeckt - siehe dann den Tourenbericht.
Die Hälfte der Km meines Weges bin ich schon gegangen und noch einmal soviel und ich bin an meinem Ziel!
Das ist ein unbeschreibliches Gefühl, aber ich darf nicht an die noch zu bewältigende Strecke denken. Das wäre ob der langen Zeit und Km fast zu viel. Ich denke an morgen und an das Ziel am nächsten Gehtag, welches ich wieder erreichen werde. So kann man den Weg schaffen.
Für morgen habe ich mir einen Ruhetag eingeplant und übermorgen geht es mit frischen Kräften weiter. Wobei, wenn man den heutigen Gehtag betrachtet, wieviel mehr an Kraft soll es noch geben?
Jetzt, heute und morgen, genieße ich den bisherigen Erfolg und dann heißt es wieder "Ultreia" - Weiter - immer weiter!

Der heutige Tag hat es von der Gehlänge in sich. 37Km habe ich heute geschafft und das in 7,5 Stunden inkl. der kleinen Pausen. Es waren (leider) 10Km mehr als geplant.
Das Warum ist schnell erklärt. Zuerst musste ich die gestern fehlenden Km nachholen, weil ich schon ca. 5Km vor dem Etappenplan genächtigt habe, ich wollte ja der großen Gite ausweichen.
Und als zusätzliche Km hat am Morgen ein zielstrebiges Falschgehen beigetragen.

Ich bin heute mit einem selbstgemachten Frühstück, weil es in der Bar erst um 7:30 Frühstück gegeben hätte, schon um 7h weggekommen. Ich wollte die zusätzlichen Geh-Km bald aufholen und in meinem Zielort unbedingt das gewünschte und preisgünstige Hotelzimmer ergattern. Ich hatte zwar gestern noch per Mail vorreserviert (auf französisch!), aber ob es auch OK geht, wusste ich nicht.

So bin ich am Morgen anscheinend übermotiviert und mit zuviel Kraft losgestürmt und mit einer Sicherheit, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben (das Quartier lag ja abseits des JW).
Erst ein Blick auf mein Handy-Navy, welches zwar auch nicht den JW anzeigen kann, aber eine effiziente Straßenroute vorschlägt, ließ mich zweifeln, ob ich richtig sei. Es zeigt nämlich unbeirrbar zurück und ich glaube ihm nicht. Ich glaube fest daran, dass ich auf einer im Führer erwähnten Abkürzungsroute bin, die die Mehr-Km um 2Km verringen soll. Endlich kommt mir das Navy-Verhalten spanisch vor, dabei bin ich noch in Frankreich, und ich vergrößere die Ansicht und merke, dass mein eingeschlagener Weg nicht passen wird. Stopp und zurück! 4 bis 5 Km zusätzlich und der erhoffte Zeitvorteil und die gewünschte Abkürzung ist zum Gegenteil geworden. Das war eine Bußfleißaufgabe von einem Pilgerstreberer!

Dafür waren heute die Wege fast nur so, wie sich das ein fussgeplagter Pilger nur wünschen kann. Besser geht es nur auf rotem Teppich und den werden sie für mich nicht ausrollen.

Die gesamte Tagesstrecke war eine schöne Almwanderung und wenn nicht einzelne Passagen durch die vielen Pfützen und nassen Böden schlechter begehbar gewesen wären, wäre es ein optimales Gehen gewesen.

Doch was sich am Weg an Pilgerverkehr ergeben hat, ist fast schon unbeschreiblich. Gezählte 79 (in Worten Neunundsiebzig) Wanderer (Pilger will ich dazu nicht sagen) überholte ich heute!!! Da sind die noch untergekommenen Wanderer am Zielort nicht mehr mitgezählt. Bis auf die schon erwähnte Niederländerin, die mich bei einer Pause einholte und weil sie sich nicht verlaufen hatte, waren es alles Franzosen, die durch die Region wanderten. Zuminderst habe ich keine anderen Sprachen gehört.
Begonnen hat es gleich bei der großen Gite, die ich gestern, vielleicht zum Glück, nicht aufsuchen wollte. Hier sind gerade 32 Personen gemeinsam gestartet. Es gibt hier 40 Plätze ohne Ausweichmöglichkeit und es werden sicher noch andere Gäste hier geschlafen haben. Vielleicht hätte ich gar keinen Platz bekommen, den die Gruppen hatten sicher vorbestellt.

Auf einmal eine so große Gruppe vor sich zu haben, ist fast ein Schock. Gut, ich bin zwar flott unterwegs, aber ich schalte noch auf Overdrive. Der Weg ist super zu gehen. Es ist ein ganz glatter und verfestigter Sandboden, der durch den vergangenen Regen wie ein Teppichboden zu begehen ist. Mit meinem zu Hause oft erprobten 6Km/h-Gehschnitt rolle ich die Gruppe von hinten auf und kann so manches Staunen und auch einige Lobesworte bezüglich meines "marche" einheimsen. Besonders wenn ich gefragt werde, woher ich komme "Autriche" und wie weit ich schon gegangen bin - "une mille et quatre cents kilometres!" (sicher nicht ganz richtig ausgesprochen, aber jeder versteht mich)

Das Wetter ist zum Gehen optimal. Es ist bedeckt, aber ohne Regengefahr und immer wieder versucht die Sonne durchzukommen, was ihr zu Mittag fast zwei Stunden gelingt. Somit passt heute fast alles.

Heute führt der Weg über das Margeride-Hochland und später genauso immer zwischen 900m und 1300m über das Aubrac-Hochland.
Es ist ein recht angenehmer Almwanderweg an Kuh- und Schafherden vorbei.
Immer wieder sehe ich vor mir wieder Wanderer marschieren. Die zweitgrößte Gruppe war 12 Personen groß. So wie ich heute unterwegs war, fliege ich fast an den anderen Wanderern vorbei. Und Steigungen sind nur eine fast willkommene Abwechslung und ich halte auch hier meinen Schritt bei.
Trotzdem beobachte ich die Umgebung, nur ändert sie sich nur selten. Ich fotografiere Motive und Blumen und nehme mir auch Zeit ausgiebig von den vielen Wildhimbeeren zu naschen. Sie sind schon sehr reif, aber man merkt, dass ihnen die Sonne fehlte, sie sind nicht so süß, wie sie sein könnten.

Eine kurze Pause vor Mittag leiste ich mir in einer Bar schon. Es gibt hier noch nichts zu essen und von einer naheliegenden Bäckerei hole ich mir eine kleine kalte Pizza und trinke dazu vor der Bar ein gutes Bier. In Summe kostet mir das nur 3,80!

Eine ganz besondere Freude erwartete mich in meinem Zielort in Aumont-Aubrac. Wie üblich besuche ich, bevor ich noch ins Quartier gehe, die Kirche. Mein täglicher Dank an Gott, unsere Himmelsmutter und an den Hl. Jakobus war heute ganz besonders innig.
In der dunklen Kirche (fast alle alten Kirchen der letzten Tage sind sehr dunkel innen) begeisterten mich die bunten Glasfenster.
Wie ich wieder nach aussen komme, werde ich von mehreren Dominikanermönchen begrüßt und bei einem Labestand auf einen Kaffee eingeladen. Sie sind für eine Woche hier in der Stadt zu Besuch und haben die Kirche und den Pfarrsaal "gemietet". Hier leisten sie Pilgerdienste und leben ihr Mönchsleben. Sie kommen von überall her und sprechen mehrere Sprachen, auch deutsch und soweit ich alle gesehen habe, werden es acht Mönche sein. Sie schlafen auch im Pfarrsaal und auch ich wäre eingeladen hier zu nächtigen. Für morgen haben sie mich zu Mittag auf ein kurzes Gebet und zum Mittagessen eingeladen. Und ich werde vermutlich auch am NM zur Vesper und Messe gehen. Das ist mir ein Anliegen, mit diesen freundlichen Mönchen mehr Zeit zu verbringen. Jedem Pilger, egal ob Kurz- oder Langzeitpilger singen sie beim Weggehen über den ganzen Platz das schöne Compostell-Lied nach. Das ist für mich so ergreiffend, besonders heute, an meinem Halbzeittag.

Beim Hotel angelangt, es liegt eher am Stadtrand, kann ich mich freuen. Die Reservation hat funktioniert und ich bekomme ein gutes Zimmer inkl. WC und Dusche in ausgewiesener 2-Stern-Qualität. Wenn ich denke, was mir sonst oft zu höheren Preisen zugemutet wurde, das dürften nur 0-Stern-Hotels sein.
Mit Halbpension zahle ich hier als Pilger nur 37,- Euro und das ist sehr freundlich.

Nun ist die Wäsche wieder gewaschen, inkl. der Wanderhose, die bei den Nasswegen recht gelitten hat. Und für morgen steht Ruhe am Programm.
Auf jeden Fall bin ich stolz auf das bisher Erreichte und so werde ich sicher noch weiter gehen können.
Euer Pilger Walter
PS: Ob ich morgen einen Bericht schreiben werde, weiß ich noch nicht.

5 Kommentare:

  1. Hallo Pilger Walter!
    Wir gratulieren Dir ganz herzlich zu Deinem Halbzeiterfolg! Großartig machst Du das, wirklich bewundernswert.
    Genieße morgen Deinen Tag mit den Mönchen. Das wird sicher ein sehr emotionaler Tag werden, mit vielen positiven Erlebnissen.
    Alles Gute weiterhin und herzliche Grüße,
    Sonja und das Bildungsreferat St. Xaver

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  2. Lieber Walter, herzliche Gratulation zu deiner bisherigen tollen Leistung - wirklich super!! Auch für die 2. Hälfte wünschen wir dir diese Kraft, Ausdauer, deinen Willen, angenehme Menschen und Quartiere und angenehme Wege unter dem Schutz des Hl. Jakobus, der dir bestimmt auch auf deinem weiteren Weg beistehen wird. Es freut uns, dass du von den Mönchen eingeladen worden bist - sicherlich ein bewegender Moment. Für morgen wünschen wir dir viel Entspannung und Freude, auch bei den Mönchen - wird bestimmt ein schöner Tag werden. Alles Gute auf deinem weiteren Weg und liebe Grüsse aus der mittlerweile schon rund 1400 km entfernten Heimat - Ingrid und Werner

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  3. Hallo
    Ich gratuliere,die Hälfte hast du geschafft.Für die 2. Hälfte wünsch ich dir alles Gute und Gottes Segen !
    Lg,Kathrin

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  4. Hallo!
    Ab jetzt heißt es umkehren verboten, weil mit jedem neuen Schritt bist du näher SdC als Leoben!! Ich wünsche dir alles Gute für die zweite Hälfte, die wird sicherlich wie im Flug vergehen.
    Liebe Grüße
    Peter

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  5. Lieber Walter!
    Ich verfolge schon länger deine Pilgerwanderung und wünsche dir von ganzem Herzen alles Gute und Gottes Segen und vielleicht bald etwas besseres Wetter!
    Alles Liebe
    Bärbl und Familie

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