Freitag, 29. Juli 2011

Einsame Gegend

Liebe Freunde zu Hause.
Der gestrige Ruhetag tat der Pilgerseele sehr gut. Der Tag begann mit der Pflege meiner Ausrüstung und mit dem Herausarbeiten der Besonderheiten der nächsten Gehtage. Das heißt, den verbalen Text im Führer so anzustreichen, dass die markanten Wegrichtungen auffällig zum Finden sind.
Zu Mittag nahm ich die Einladung der Dominikanerpatres an und schaute bei ihren temporären Pilgerstützpunkt vorbei. Zuerst war in der Kirche ein Gebet und die Patres sangen Psalmentexte. Für alle anwesenden Pilger gab es dann den Pilgersegen und die Einladung zum gemeinsamen Mittagessen. Im angrenzenden Pfarrsaal, wo die Patres auch zur Zeit wohnen, wurde dann von allen der Tisch gedeckt. Als Vorspeise waren Salate vorbereitet, Wurst und Brot wurden aufgeschnitten und Pasteten, die von früheren Mahlzeiten übrig geblieben waren, wurden auch gereicht. Für den Hauptgang bereiteten die Patres eine landestypische Bratwurst vor, mit Nudeln und einem Topf Gemüse. Käse, Obst und ein von den ansässigen Frauen gebackener Kuchen bzw. eine Art süßer und lockerer Eierkuchen mit Früchten beschlossen das Mahl. Dazu wurde Rotwein und Wasser gereicht. Wer wollte bekam noch einen Kaffee. Vor und während dem Essen wurde reihum geplaudert und erzählt woher man kam und wohin man ging usw. Natürlich wurde meine Pilgergeschichte allgemein bestaunt. Von den ca. 15 Pilgern kamen die meisten aus Frankreich, ein paar Belgier und eine Deutsche waren auch dabei.
Gemeinsam wurde dann der Tisch abgeräumt und das Geschirr abgewaschen und die Patres richten sich für den Pilgerdienst am NM.
Diese freundliche Aufnahme war für mich und im speziellen am gestrigen Ruhetag ein ganz besonderes Geschenk und eine Wohltat. Das wollten die Patres damit auch erreichen. Danke liebe Dominikaner und danke lieber Jakobus.
Ich besuchte am Abend auch noch die Vesper und die Messe. So ist aus einem Ruhetag etwas Besonderes geworden.

Und heute ging es wieder weiter und in das Aubrac-Hochland. Die nächsten Kantone sind sehr einsam. Die Bevölkerungsdichte liegt hier zwischen 6 und 9 Einwohner pro Km2. Wie die Vergleichswerte in Österreich sind, überlasse ich gerne Euch.
In den kommenden Tagen war früher in den Wäldern und einsamen Gegenden immer die Gefahr von Räubern ausgeraubt zu werden. Diese Sorge wird mich nicht betreffen, obwohl heute und in den nächsten Tagen, sind die Quartierpreise wieder um einiges höher. Angebot und Nachfrage oder modernes Raubrittertum nennt man das. Mein "noch günstiges" Hotelzimmer kostet ohne alles 37,- und mit HP würde es 64,- Euro kosten. Da werde ich schauen, ob ich am Abend wo günstiger essen kann. Unterwegs, ein paar Km vor Nasbinals, ging ich bei einem Minicampingplatz vorbei. Da wird Schlafen in Jurten (Großzelte) angeboten - ohne alles, nur mit Matratze um 15,- und inkl. HP kostet es 32,-. Da habe ich im Hotel der letzten zwei Tage um 37,- inklusive alles günstig geschlafen.

Wie es sich für eine einsame Gegend gehört, waren heute auch wenig Pilger unterwegs. Zwei Langzeitpilger habe ich auch getroffen. Einer kommt aus Belgien und der zweite aus Zürich. Mit beiden habe ich mich kurz unterhalten und ich bin sicher, dass ich sie wieder treffen werde.

So einsam die Gegend ist, auch die Vegetation ist karg. Niedere Föhren mit Flechtenbewuchs, viele genügsame Ginstersträucher und ein paar dürre Grasbüschel, die die Rinder nicht dick machen können. Ich habe fast das Gefühl, sie schauen mich so hungrig an. Fast hätte ich mein Sandwich, die Mittagsjause, verteilt.
Die Landschaft war schon fast eintönig, aber vielleicht gerade deshalb doch auch reizvoll. In vielen Aufnahmen versuchte ich diese Stimmungsbilder einzufangen, aber ich bin nicht sicher ob ein Foto das wiedergeben kann.

Am höchten Punkt (1.234m) des heutigen Tages, man geht hier immer über 1.000m, gibt es eine endlose Sicht und wohin man blickt, fast immer der gleiche Eindruck: endloses karges Weideland, fast schachbrettartig mit Steinwällen unterteilt und kaum Häuser sind zu sehen. Im Weidergebiet liegt das Rindvieh oft zwischen Felsen, Steinen und altem abgestorbenen Holz. Das bischen dürres Gras kann doch die Kühe nicht satt machen.

Es ist interessant durch dieses Land zu gehen und heute macht es auch gleich wieder mehr Spaß zu pilgern, wenn es nicht so überlaufen ist.
Nach meinem Bericht werde ich noch diesen kleinen und reizvollen Ort erkunden gehen.

Euer Pilger Walter

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