Nun geht es wieder einmal hoch hinauf in die Berge und im ständigen Auf und Ab bringen die acht Gehtage bis zum nächsten Ruhetag rund 4.000Hm (heute 800)! Da kann ich nur nach einem Volkslied sagen: "In die Berg bin ich's gern".
Der Morgen war kühl, grau und noch trocken. Das Wetter hat derzeit gar nichts julihaftes an sich. Mit neuem Schwung, der Ruhetag hat sehr gut getan, gehe ich von meinem Quartier los. Zuerst in den Ort hinunter und von dort einen steilen Steig zu einer weithin sichtbaren Kalvarienkapelle.
Diese neu renovierte Kapelle ist ein wunderbarer Ort mit viel Kraftquellen. Interessant ist das Kreuz im Inneren der Kapelle, es nur ein kreuzförmig gewachsenes Wurzelholz.
Die Sicht auf Chavanay, die gegenüberliegenden Weinberge und zur Rhone hinunter, ist prachtvoll.
Aber auch an meinem Weg geht man entlang von Weingärten und dann an endlosen Apfelkulturen vorbei. Bei Sonnenschein muss es hier sehr lieblich sein.
Nach dem ersten Anstieg, bevor es wieder ein Stück in den Graben hinunter geht, kann ich in den vor mir
liegenden Bergen leider schon Regenschleier erblicken und auch bei mir kündigt sich das wechselhafte Wetter mit leichtem Regen an. Gerade einmal eine Stunde bin ich unterwegs, da suche ich wegen des stärker werdenden Regens in einem Folienschuppen der Apfelplantagen Unterschlupf und warte einmal, ob sich der Regen wieder verzieht.
Drei bis viermal lockt mich fast aufhörender Regen zum Weitergehen, aber Jakobus meint: "Bleib!" Es war richtig so, denn wie Wellen kamen immer wieder die Regenschauer.
Nach einer halben Stunde Regenpause scheint es nun zu passen und ich gehe weiter und nach einer weiteren halben Stunde kommt erstmals die Sonne ein wenig heraus und das Wetter ist ganz gut. Mitten in den Weinbergen singe ich dafür: "Lobet und preiset ihr Völker den Herren".
Aber vorweggreifend ist dazu zu sagen: "Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben". Den ganzen Tag blieb es spannend, ob ich trocken an mein Ziel kommen werde. In dieser Berg- und Hügellandschaft halten sich die Regenwolken. Vor mir und seitlich sieht man immer dunkle Wolken und die weißen Schleier der Regenschauer ziehen. Immer wieder weht der Wind feine "Weihwasserspritzer" heran. Aber durch meinen guten Kontakt nach oben, bleibe ich bis zum Ziel vorm Regen verschont. Danke lieber Gott und lieber Jakobus!
Die Landschaft ist fast ausschließlich vom Obstanbau geprägt. Wohin man schaut sind an den Hängen die Apfelbaumkulturen zu sehen. Aber auch Pfirsich-, Zwetschken- und Pflaumenbäume sind dabei.
In einem Dorf bietet mir eine Frau nach einem freundlichen "Bonjour Madame!" aus ihrer Obststeige einen frischgepflückten Pfirsich an. "Merci Madame!" und der Pfirsich hat großartig geschmeckt - zuckersüß, geschmackig und sehr saftig.
Wie abgehackt war der Obstanbau an der 500m-Grenze aus und es folgte ein eher wildes Landschaftsgebiet mit nur wenig Ackerbau und Weiden.
Hier gab es dann die zweite Obstjause, wieder wilde Brombeeren, aber noch nicht so reif wie zwei Tage davor.
Im Ort St-Julien-Molin-Molette, welcher früher durch Seidengewebeproduktion bekannt war, hat jetzt eine andere feine Handwerkskunst Platz gefunden. Hier kann man bei der Bonbon-Erzeugung zusehen, wie aus einem teils mehrfärbigen Zuckerteig kleine Kuntwerke am Stiel erzeugt werden. Für Kinder und Naschtiger ein Erlebnis. Der Naschtiger in mir wurde auch durch Gratiskostproben belohnt, er hat es sich auch verdient.
In diesem Ort habe ich auch noch ein kleines Mittagsmahl mit Produkten aus der Bäckerei genossen.
Und weiter ging es nach oben. Heute waren die schlechten Wegstellen endlich in Minderheit. Es gab sogar sandige Wege - eine Wohltat für geplagte Füße. Das zeigt, dass der liebe Gott bei der Erschaffung von Frankreich auch andere Materialien wie grobe Steine verwendete.
Nur der Abstieg zu meinem Etappenort Bourg-Argental, war wieder ein grauslicher Geröllstreifen (Weg möchte ich das nicht nennen). Das ist dann bei 28Km in den Beinen noch unangenehmer zu gehen.
Hier in diesem Ort sind in meinem Führer keine günstigen Privatquartiere (Chambre d'hotes) angeführt. Zwei Hotels bieten dafür günstige Zimmer an und so sehen sie auch aus. Bei uns könnte mit diesem Standard kein Hotel überleben und hier am JW wird noch gutes Geld damit gemacht, 45,- Euro zahle ich für die HP inkl. WC und Bad im Zimmer. Aber immer noch besser als eine Herberge. Hier habe ich mein eigenes Zimmer und kann mich gut ausruhen.
Mehr gab es heute nicht zu berichten, aber ich warte dafür auf die Berichte aus der Heimat, oder wo das Tagebuch überall gelesen wird.
Ach ja, eine Kleinigkeit noch: Es geht mir gut und das Zielerreichungsbier hat geschmeckt.
Bis morgen, Euer Pilger Walter
Hallo
AntwortenLöschenEs ist ein unglaublich, wieviel Hm du täglich überwindest.
Muß ein schöner Anblick sein, wenn die Pfirsiche reif sind.
Auch bei uns werden Pfirsiche +Marillen am Markt angeboten.
Ich hoffe,daß du auch heute wieder ein tolles Abendmenü bekommst!
Alles Liebe ,Kathrin
Kulinarisch scheinst du ja wie Gott in Frankreich zu leben. In manchen Regionen wird allerdings alles mit Béchamelsauce überbacken. Das kann einem dann schnell aus den Ohren hängen...
AntwortenLöschenWirklich schlimm, dass die Wege solche Geröllhalden sind, das zehrt natürlich an den Reserven.
Weiterhin bon voyage,
Lukas, Susanne & Klaus
Hallo Pilger Walter!
AntwortenLöschenHaben erst jetzt deinen Bericht gelesen und sind wieder total beeindruckt von deiner Geh- und Duchhaltestärke bei diesem Wetter. Bei einer Radiosendung hat der Sprecher gesagt " Es hat 22° und es ist immer noch Sommer". Leider ist fast überall Schlechtwetter, für uns nur ärgerlich, für dich um aus der haut zu fahren.
Wir freuen uns aber mit dir, wenn du bei sovielen Obstplantagen und Ausblicken vorbei kommst. Weiterhin alles Gute und zwischen den Regentropfen und Sonnenstrahlen dahinwandern.
LG Werner und Ingrid