Freitag, 8. Juli 2011

Die Schweiz ist geschafft

Wie ist das möglich, werdet Ihr fragen? Euer Pilger ist erst in Lausanne und die Schweiz endet schließlich erst bei Genf. Das ist richtig, aber mein Tourenplan beschenkt mich jetzt. Morgen habe ich meinen nächsten Ruhetag und an dem RT werde ich morgen in Lausanne das Schiff besteigen und die mindestens 78Km bis Genf auf dem Wasser in vier Stunden bezwingen. Diese Möglichkeit wird in allen Führern beschrieben und auch seit altersher praktiziert. Und so mache ich es auch. Der zusätzliche Vorteil dabei ist, dass ich mir für zwei Tage die Lebenshaltungskosten in der Schweiz erspare.
Somit habe ich die Schweiz (fast) geschafft. Ich muss dann nur von Genf noch an die Grenze gehen - ein Klacks!
Für alle Statistiker: Bis jetzt bin ich (ohne abendliche Zusatzkilometer) 953 Km in 34 Gehtagen gegangen. Drei Ruhetage habe ich schon konsumiert.
Die Schweiz ist da mit 384 Km und ca. 11.000 Hm vertreten.
Das sind beachtliche Zahlen und es geht weiter, im wahrsten Sinn des Wortes.

Heute Nacht gab es ein schweres Gewitter, aber am Morgen war der Himmel wie ausgeputzt und es war toll zum Gehen. Frisch und sauber war die Luft. Aber beim Fluss angekommen, war zusehen, dass die am Vortag ruhig und klar dahinrinnende Broye, stark angeschwollen und braun war.
Das Gehen machte richtig Spaß und ich kam gut voran.
Über den heutigen Berg, den Jorat mit insgesamt ca. 400 Hm Anstieg, gibt es dichte Wälder, die früher, wegen der hier lebenden Räuber, sehr gefürchtet waren. So änden sich die Zeiten. Heute sind die Hoteliers, der heutige Pizzawirt und die Telekomfirmen mit ihren horrenden Roamingkosten die Räuber und das ganz legal.

Immer wieder sah ich im feuchten Sand des Waldes eine Spur, zwei Fußabdrücke und ich war mir sicher, da ist mein Pilgerbruder Erich vor mir gegangen. Ein kurzer, aber steiler Abstieg über holzbewehrte Stufen war durch die Nässe recht gefährlich und dann wartete wieder ein Aufstieg auf die vorige Höhe. Oben angekommen, war eine kleine nette Kapelle zu sehen. Ich ging auf die Kapelle zu und Erich kam heraus. Mit einem Blick war zu sehen, es geht ihm schlecht. Wir nahmen auf der Bank vor der Kirche Platz und ich ließ ihn erzählen. Er hatte ein Tief und Heimweh - er wolle spätestens in Lausanne abbrechen. Was ich tun konnte, war, ihm wieder sein Selbstvertrauen zu geben - was er geleistet hat und welches Ziel er sich gesetzt hat, Genf zu erreichen. Ich bot ihm an, ihn bis Lausanne zu begleiten und eine Entscheidung solle er erst am nächsten Morgen treffen. Jetzt wollen wir gemeinsam Lausanne erreichen.
Obwohl er sich beim (Weg)Gehen schon schwer tat, war beim Gehen zu merken, dass es mit seiner Psyche bergauf ging (Anmerkung: der Weg ging auch hinauf).
Beim Mittagessen war er soweit, für sich selbst eine Lösung gefunden zu haben. Er wolle mit mir morgen das Schiff besteigen und eine Tagesetappe bis Rolle mitzufahren. Dort wolle er aussteigen und einen Ruhetag einlegen und dann in zwei gemütlichen Etappen bis Genf weitergehen. Es war schön zu sehen, wie ihm wieder neue Kraft Mut zum Weitergehen gab.
Dabei sollte das restliche Stück des Weges bis Lausanne noch recht viel Mühe bereithalten. Man sieht den Genfersee und meint sich bald am Ufer zu stehen. Aber man wird am JW aufreizend weit in der Gegend herumgeführt, bis man endlich ins Zentrum kommt und von dort ist es noch sehr weit durch die Stadt zu laufen, damit man zur Touristinfo am Strand kommt. Teilweise haben wir uns mit Galgenhumor über den weiten Weg (33Km statt wie im Führer angegeben 26Km) getröstet. Das führte dann einmal zu einem richtigen Lachkrampf. Aber wir haben es gemeinsam geschafft.

In der Info bekamen wir einen Schock. Es beginnt die World-Gymnaestrada, das Weltturnfest, und Lausanne sei ausgebucht - Super! Als wir unserer Enttäuschung Luft gemacht haben und gemeint haben, wir stellen keine große Ansprüche, hat die Dame bei der Info gemeint, da wisse sie etwas, wenn wir mit einem einfachen Quartier zufrieden wären. Natürlich, als Pilger muss man nehmen, was da ist. Ein Anruf - Ja, ein DZ wäre frei. Und so habe ich heute einen Schlafpartner in einem akzeptablen und auch großen Zimmer.
Es kostet für beide 80,- Franken.
Wir mussten nur wieder mehr als zwei Km in die Gegend hochmaschieren, wo wir hergekommen sind. Erich tat mir schon leid. Aber jetzt passt es und wir strecken beide unsere Beine von uns und lagern sie hoch. Wir werden dann noch was essen und trinken gehen.

Ob ich mich morgen aus Genf melden werde, weiß ich noch nicht und am Sonntag werde ich viel an St. Jakob denken, wenn dort das Jakobifest ohne mich gefeiert wird. Ich würde mich ganz groß freuen, wenn alle (zumindest im Umkreis von 30Km von der Jakobikirche) die mein Tagebuch lesen, am Sonntag dorthin feiern gehen und Ihr könnt dann von mir sprechen. Meldet Euch dann beim Organisator und treuesten Pilgerfan Werner Tauderer.
Euer Pilger Walter,
der nun Frankreich in Angriff nimmt. Es sind ja nur gut 1000Km.

PS: Pilgerbruder Erich dankt für die unbekannten Grüße und grüßt zurück..

6 Kommentare:

  1. Hallo!
    Du hast mittlerweile zwei Länder "durchpilgert" und dabei ca. 1.500.000 Schritte gemacht, jeder einzelne Schritt bringt dich näher deinem großen Ziel Santiago de Compostela. Keiner von uns kann bis 1,5 mio zählen aber du machst diese unglaubliche Zahl mit Links, wir sind sehr sehr stolz auf deine Leistung.

    Liebe Grüße Peter & Mama

    PS: Rede vielleicht mit dem hl. Jakobus an deinem Ruhetag, dass er uns die Kraft fürs Arbeiten für sein Fest gibt und uns viel Besucher schickt!

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  2. Lieber Freund, der du in Kürze die Schweiz in Richtung Frankreich verlassen wirst - EIN WAHNWINN!!! Wir können es fast kaum glauben, dass du es schon soweit geschafft hast! Eine Super-tolle Leistung von dir. Peter meinte, es sind rund 1,5 Mio Schritte - keine Ahnung, wielange man da zählen muss, bis diese Zahl erreicht ist, und du bist 1,500.000 und einen (!) Schritt "am Stück" gegangen, Wahnsinn! Aber wir freuen uns auch ganz besonders für und mit Erich, dass er es bald geschafft hat. Wir meinen, dass ihr euch gegenseitig Kraft gebt und sehr gute Freunde geworden seid. Es ist gut, zwischendurch Freud und Leid miteinander zu teilen, gerade auf einem Pilgerweg. Wir wünschen dir noch schöne restliche Stunden in der Schweiz, eine wunderschöne Überfahrt nach Genf bei tollem Wetter, wird sicherlich auch ein tolles Erlebnis werden. Da wir leider nicht französisch können wünschen wir dir auf gut steirisch "a guat`s Virikuman" in Frankreich - mit ebenso netten Menschen und Pilgerfreunden, wie du sie in der Schweiz gefunden hast.
    Vielen Dank auch für deine Gedanken ans Jakobifest - morgen geht`s mit den Vorbereitungen los und am Sonntag kommt der grosse Tag - wir werden viel an dich denken (auch morgen schon, wenn wir was nicht finden...) und ganz für dich ein Gebet sprechen! Lieber Walter, alles alles Gute weiterhin und Gottes Segen sei mit dir (und auch mit Erich!) Liebe Grüsse von deinen Freunden Ingrid und Werner

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  3. helmut u. elvira9. Juli 2011 um 18:03

    Hut ab und bon camino! - wollte ich dir noch sagen! Helmut u. Elvira

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  4. helmut u. elvira9. Juli 2011 um 18:06

    Hallo unser tüchtiger Pilger Walter, es grüßen dich Elvira und Helmut aus Mautern. Vorerst unsere Gratulation und unseren Respekt vor deiner Leistung. Nun hast du also auch, so wie wir, die Strecke Leoben bzw. Mautern bis Genf geschafft. Bitte klopfe dir anstelle meiner Hand selbst auf deine Schultern und sei stolz auf deine ersten fast 1000 km. Wir sind ja wirklich fast jeden km mit dir insbesonders durch die Schweiz mitgegangen, nachdem diese Strecke bei uns noch so frisch war. Viele Etappenziele haben wir auch gemeinsam gehabt. Wir freuen uns jetzt schon auf einen ausführlichen Gedankenaustausch irgendwann im Winter. Wir laden dich und deine Gattin jetzt schon dazu einmal nach Mautern zu uns ein. Natürlich sind wir dir die Wegersparnis von Lausanne nach Genf wohl vergönnt (deine Schifffahrt), doch landschaftlich und wegmäßig war diese Strecke für uns aber ganz, ganz einprägend und einzigartig. Und nun wartet Frankreich auf dich! Deine Französischkenntnisse, die wir ja gemeinsam in Leoben mehr oder weniger "perfektioniert" haben, hast du ja bereits in der franz.Schweiz, bei den Welschen, anwenden können. Doch jetzt wirds ernst, denn die Franzosen wollen ja pardu nur französisch reden. Freuen uns jetzt schon auf deine tollen Berichte aus Frankreich, das wir ja auch noch - gebs Gott - in Angriff nehmen wollen. Walter, mach weiter so!

    Solltest du diesen Kommentar zweimal bekommen, so ist das auf meine "tolle" Computerfähigkeit zurückzuführen!

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  5. Hallo Pilger Walter!
    Wir waren heute beim Jakobifest und haben natürlich an Dich gedacht.
    Wir bewundern Deine Leistung sehr!!!! Super! Weiterhin alles Gute und viele tolle Erfahrungen!
    LG
    Sonja, Elfi und Franz Wallgram und Fini und Ernst Weiland.

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  6. Lieber Walter,
    unser Jakobifest war wieder ein voller Erfolg - danke auch für deinen "Aufruf" im letzten Bericht. Der Hl. Jakobus hat uns wieder toll unterstützt - gemeinsam allerdings mit den - wie immer - vielen fleissigen JakobinerInnen. Wir konnten eine wunderschöne Hl. Messe feiern und beim anschliessenden Fest hat alles wundervoll gepasst. Wetter + Spass + Speis+Trank + Gute Laune haben super gepasst, auch die Kinder hatten wieder ihren Spass. Es wurde beim Fest natürlich auch viel über deine tolle Leistung deiner Pilgerreise gesprochen - viele Leute bewundern diese, lesen auch deine interessanten Beiträge. Wir haben gehört, dass die Probleme behoben sind und freuen uns auf den nächsten interessanten Beitrag.
    Lieber Walter, für deine nächsten rund 1000 (!) km durch Frankreich wünschen wir dir die vielen positiven Eindrücke, Erlebnisse, Quartiere, Wanderwege, ... - und noch vieles mehr, das du bisher in Österreich und der Schweiz erleben konntest. Alles Gute, Gotte Segen und liebe Grüsse Ingrid und Werner

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