Dienstag, 19. Juli 2011

Doch ein Ruhetag

Der Mensch denkt, doch Gott lenkt.
Dachte ich gestern, heute und noch ein paar Tage weiter zu gehen, bis zum nächsten Ruhetag, da hat mir das Wetter einen Streich gespielt.
Um 6h morgens blickte ich aus dem Fenster und sah gegen Osten hin, einen schönen Sonnenaufgang. Das muss ich fotografieren. Doch was ist das, was kleppert da? Erste Regentropfen fielen auf die Straße. Kommt nun doch der angekündigte Pluie (Regen)?
Ich hoffe noch auf eine rasche Besserung und dehne das Frühstück aus. Was soll ich tun? Soll ich gehen und mir den Ruhetag für später aufheben oder soll ich den für heute geplanten Ruhetag doch halten, noch dazu in einem feinem Quartier.
Es regnet zwar nicht so stark wie vorgestern, aber nass wird man alleweil. Und für eine Wetterbesserung sind keine Anzeichen zu sehen.
Ich beschließe, mit dem Gedanken hier zu bleiben, noch bis 9h zuzuwarten und zu sehen wie es mit dem Regen weitergeht. Leider wurde der Regen teils stärker und ich blieb hier in Chavanay im Trockenen.
Erst am späten VM hörte es zu regnen auf, aber für die angepeilte Etappe war es nun zu spät. Außerdem konnte ich nicht mehr weg, denn die Zimmerwirtin war mit dem Auto unterwegs und richtete sich ein, dass sie mich am Abend bekochen muss.
So machte ich nur einen kleinen Bummel in den alten Stadtkern und besorgte mir eine Kleinigkeit zum Essen, denn mit dem Abendessen muss ich bis mindestens 19:30 warten, früher gibt es in Frankreich kein "diner".
Den Tag nutzte ich zum Ausarbeiten des Streckenverlaufs der nächsten Etappen und wie es ab Le Puy weitergeht.
Es tut gut, einfach den Tag, Tag sein zu lassen und auch ein zwischenzeitliches Schläfchen, wie es im Büro oft gut gewesen wäre, zu genießen.

Mit dem Quartier habe ich einen Glücksgriff gemacht. Nicht nur, dass es schön und angenehm ist, auch das Essen ist einfach ein Hit. Gespeist habe ich gestern mit weiteren Gästen, einer jungen Mutter, zwei kleinen Mädchens und der Großmutter. Sie schliefen oberhalb im Schlafsaal. Und über das Essen MUSS ich einfach berichten:
Vor dem Essen gab es einen Aperitif, einen Weisswein mit Kastaniensirup - ganz fein.
Zur Vorspeise gab es eine Platte mit Paradeisern (Tomaten, für meine Schweizer Freunde) mit feingehackten Eiern, Balsamico usw., weiters eine Platte mit feinstem luftgetrocknetem Schinken und getoastete Brotscheiben mit einer Pastete darauf. Die Hauptspeise war ein "les quenelles", eine Spezialität aus Lyon. Das zu beschreiben ist schwer. Es ist ein Souffle mit zarten daumendicken Nockerln aus Mehl, Milch usw. und alles mit einer geschmackigen Bechamelsauce überbacken. Das schmeckte himmlisch fein.
Dann gab es einen frischen Käse, eine Art gestocktes Joghurt, welchen man mit verschiedenen Marmeladen oder einem Zucker mit Blumenextrakten verfeinert. Und danach musste unbedingt ein Schokoladepudding alles zudecken. Ein halber Liter Rotwein achtete darauf, dass alles gut hinuntergespült wurde.
Von der noch aufgetragenen Scholadenschüssel will ich gar nicht mehr sprechen oder schreiben.
So wurde ein schwerer Wandertag noch zu einem Fest - danke lieber Jakobus. Ich bin neugierig, was ich heute kulinarisch entdecken darf.

Die Konversation am Tisch wurde in Französisch (ich bemühte mich sehr und mein Übersetzer am Handy half mir da) und mit einigen Brocken Englisch und Deutsch geführt. Wir haben uns gut unterhalten und gelacht. Zum Abschluss habe ich mit vier Frauen (2, 5, 30+ und 64 Jahre alt) noch "Uno" gespielt und wir hatten viel Spaß daran.
Sollte wer sehen wollen, wie dies Quartier ausgesieht, dann ist hier der Link dazu:
http://gitepigeonnier.site.voila.fr
Wobei ich die Seite selbst nicht gesehen habe (zu teuer für mich am Handy). Ich habe nicht im Gite (Herberge) geschlafen, sondern in einem 2-Bettzimmer. Und ich weiß nicht, ob die Site nicht nur für ein beworbenes Kinderangebot ausgerichtet ist.

Das war heute mein "anstrengender" Tag und morgen geht es wieder in gewohnter Manier weiter. Ich hoffe die angesagte wechselhafte Wetterlage präsentiert sich trocken.

Euer Pilger Walter, der Euch auch von einer kulinarischen Pilgerschaft (zu Mittag gab es nur ein frisches Baguette und Cola light) grüßt.

2 Kommentare:

  1. Hallo!
    Wenn ich diese Zeilen lese, hast du dir wirklich den richtigen Ort für einen Ruhetag ausgesucht, so ein Spitzendinner sollte man sich auf dem schweren Weg einfach zweimal genießen, vorallem wenn das Wetter ohnehin so grauslich ist. Aber das dürfte überall in Frankreich so sein, weil bei der Tour regnete es heute auch nur.
    Ich hoffe der hl. Jakobus besinnt sich eines besseren und schickt wieder gutes Wetter.
    Alles Gutes und Mahlzeit :-)
    Peter

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  2. Mmmmmmmmmmmmmmmmmhhhhhhhhhhhhhhhh kann man da nur sagen - ein herrliches Mahl und bei offensichtlich angenehmer Gesellschaft. Schön, dass du mit den anderen Gästen und den Gastgeberfamilien viel Kontakt haben kannst. Dann sind die vielen Abende nicht so lange und du kannst dich dabei auch gut entspannen - und trainieren, damit du gegen den Lukas nicht gleich von Beginn an verlieren wirst.... Jetzt braucht nur noch das Wetter mitspielen und das Weiterpilgern wird perfekt. Aber auch dabei wird dir der Hl. Jakobus wieder helfen! Aber der heutige Ruhetag war sicherlich goldrichtig gewählt - sonst hättest dich möglicherweise durch den Regen ärgern müssen und so konntest du dich super entspannen und für die nächsten Tage wieder Kraft tanken. Wir wünschen dir, dass alles so weitergeht wie du dir dies wünscht - alles Gute für die nächste(n) Etappe(n) und ganz liebe Grüsse ins ferne F - Ingrid und Werner

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