Montag, 11. Juli 2011

Pilgern mit dem Schiff

*** Dieser Bericht sollte schon am Samstag 9.7. Online gehen, aber trotz aufrechter Verbindung, ging gar nichts ***

Liebe Freunde,
ein ganz besonderes Pilgererlebnis durfte ich heute erleben. Heute führte mich mein Weg über die Schiffsplanken, während der Raddampfer schaukelnd von Lausanne bis Genf über den Genfer See dampfte.
Natürlich ging ich pilgermäßig mit Rucksack und Stöcken am Schiff auf- und ab, damit ich "vorschriftsmäßig" zu Fuß unterwegs bin :-)
Ich genoss diesen Ruhetag ganz besonders und die 78 Km Wegstrecke waren bei strahlendem Wetter in etwa vier Stunden zurückgelegt.
Wusstet Ihr, dass der Genfer See der größte See Mitteleuropas ist und auch das größte Trinkwassereservoir ist. Bei über 70 Km Länge und 14 Km Breite hat der See eine beachtliche Tiefe von 300m. Die Überfahrt kostete 42 CHF, billiger als ein Quartier.

Erich und ich gingen den Tag gemütlich an, das Schiff ging ja erst um 10:45.
Das einfache Selbstbedienungsfrühstück (nicht zu verwechseln mit einem Frühstückbuffet) passte zu dem einfachen Hotel.
Ich sortierte alle "unnnötigen" Dinge, wie zum Beispiel die Führer von A und CH aus und brachte sie zur Post. Mit einem kleinen Paket gehen 700 Gramm nicht (mehr) gebrauchter Sachen nach Hause und der "Ho Ruck - Sack, du) ist somit gleich leichter.

Am Schiff suchten wir uns das beste Platzerl aus, darauf haben Pilger ein Anrecht. Bei einem Abschiedsbier ging die eine Stunde Fahrtzeit bis Erich aussteigen musste/wollte rasch vorbei und wir mussten nun endgültig adieu sagen. Leicht ist es uns beiden nicht gefallen, zusehr haben uns die Tage seit Einsiedeln und die immer wiederkehrenden Begegnungen zusammen geschweißt. Ganz besonders der gestrige Tag. Heute geht es ihm wieder prächtig und er wird sein Ziel Genf erreichen.

Vielleicht fragt sich jemand, wie es mir, nach fast 1000 Km gehen, körperlich geht.
In erster Linie, wie geht es den Füßen und den Beinen, die mich soweit getragen haben? Kurz gefasst, sehr gut. Natürlich spüre ich das lange Gehen jeden Tag und die Fußsohlen brennen abends. Kalte Füße wie sonst oft zu Hause, kenne ich nicht mehr.
Und wie steht es mit Blasen? Ja, ich müsste lügen, wenn ich sagte, das kenne ich nicht. Aber es waren immer nur (5 an der Zahl) kleine harmlose Bläschen an den Zehen. Es waren am Beginn Eingewöhnungsblasen oder wenn etwas im Schuh nicht passte (z.B. kleine Sockenfalte oder Sockenspannung zu groß war). Ich habe sie aufgestochen, damit die problemhafte Flüssigkeit entweichen konnte. Nur wenn es zu Reibungen gekommen wäre, habe ich sie abbgepickt. Nun hat sich die alte Haut abgelöst und alles passt. Über einen Druck vom Schuh, der den Nagel des großn Zehens sich verfärben ließ, habe ich schon am Anfang berichtet, genauso wie über eine schmerzhafte Druckstelle am linken Innenknöchel, bei der Schuheingewöhnungsphase. Das waren (fast) alle Beschwerden.
Keine Probleme habe ich mit den Knien, eine meiner Sorgen vor Antritt meiner Pilgerreise. Sie haben mich, inklusive schwerem Gepäck, ohne Probleme die steilen Schweizer Berge herunter gebracht. Darum habe ich die Knieschützer auch heute ungebraucht heim geschickt.
Viele wissen um meine langjährigen Kreuzbeschwerden der Lendenwirbeln und Facettengelenken und dass Kuren und Therapien oft nur kurzfristig Linderung brachten. Auch hier hatte ich Sorge, wie es beim Gehen und Tragen sein würde. Und da die wunderbare (kommt von Wunder) Nachricht. Bald nach Beginn meines Weges war von diesen Beschwerden NICHTS mehr zu spüren. Auf keinen Fall beim Gehen, höchstens ein kleinwenig beim Sitzliegen/Lümmeln am Bett, wenn ich die Füße hochlagere und schone.
Ist das nicht großartig? Liebe Krankenkassen und Pensionsversicherungsanstalten, vergesst die Kuranwendungen, sondern schickt die Versicherten regelmäßig auf Pilgerreise und es gibt diese Zivilisationnserkrankung nicht mehr. Außerdem werden auch alle Burnout-Erscheinungen geheilt.
Ein wenig spüre ich (meist morgens beim Weggehen) sie äusseren Hüftmuskelpartieen. Aber das ist etwa wie ein Muskelkater.
Den Rucksack spüre ich hin und wieder etwas mehr, aber oft gar nicht mehr. Nur seit ein paar Tagen zieht der rechte Schultermuskel etwas und ich muss dann den Gut herum schieben.
Das ist mein Gesundheitsstand. Ich meine, für diese Belastung geht es mir großartig und ich danke Gott auch dafür.

Genf macht es mir leicht aus der Schweiz herauszukommen. Da meine ich aber nicht die brütende Hitze oder die Massen an Menschen, dass kaum ein Durchkommen war. Nein, ich meine die irren Hotelpreise und die nicht hilfsbereiten Damen vom Infobüro. In ihrem System waren nur Zimmer jenseits von 100 Chf zu finden ohne Begrenzung nach oben. Es gab dann noch eine kleine Liste an Herbergen und einigen Hotels außerhalb des Systems. Die Jugendherberge würde im 2er Zimmer 95,- kosten. Zwei oder drei Hotels mit Preisen unter 100,- waren im Prospekt zu finden, aber vom Tourismusbüro wird dort nicht angerufen. Das müsste ich selbst machen, mit meinem teuren Auslandstarif und meinen schwachen Französischkenntissen. In der übrigen Schweiz war dies freundlicher Gästedienst.
Auf Verdacht, die einzige Hilfe der Damen, ging ich in ein ganz nahe gelegenes Hotel. Hier habe ich um 98,- Franken ein Zimmer mit Waschbecken bekommen. Für die Dusche musste ich mir einen Schlüssel holen und bekam dazu ein Badetuch. Hoffentlich muss ich dafür nicht extra zahlen.
Beim Essen konnte ich günstig durchkommen. In einem großen Einkaufszentrum gleich 100m entfernt, konnte ich im dortigen Restaurant zu normalen Preisen essen, denn was ich beim Bummel in die nahe Altstadt und die Fußgängerzone an Preisen sah, da müsste ich meinen Pilgerweg bald abbrechen.
In der Kathedrale kam ich gerade zur Orgelstunde zurecht. Ein Künstler spielte eine Stunde lang Werke von Liszt, Vogt und Mozart. Das war dann ein Ohrengenuss. Beim Heimweg sah ich noch Massen an Menschen, vorallem junge Leute, an einer Art Loveparade teilnehmen. Viele waren witzig kostümiert und alle waren ganz aufgedreht.

Somit ist sich heute doch ein Bericht ausgegangen, nur wann er abgeht, weiß ich wegen Leitungsprobleme nicht. Morgen Sonntag mache ich mich wieder auf die Beine.
Für Frankreich muss ich ordentlich Schwung holen, denn mehr als 1000 Km warten hier.

Nochmals ein Grüazi aus der Schweiz, ruft Euch Pilger Walter zu.

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