Dienstag, 12. Juli 2011

Hundstag

Um den Titel gleich zu entschärfen, ich meine damit nicht die tatsächliche Hundshitze oder einen schwierigen Gehtag, sondern den Tag der Hundebegegnungen.
Soviele Hunde wie heute, sind mir am Weg noch nie begegnet und in allen Variationen. Kleine und große Hunde, ruhige, mich ignorierende Hunde, Hunde mit freundlichem Blick, Hunde, die auf ihre Weise Bonjour bellten und Köter mit warnenden oder wütenden Gekläff. Aber keinen von ihnen ließ ich näher heran, als auf Stockweite, egal welche Absichten er hatte. Auch wenn sich so ein Köter, bei meinen nun stahlharten Waden, sich leicht die Zähne ausbeissen würde, darauf ankommen möchte ich es doch nicht lassen. Einen wilden und großen Kläffer sah ich liebend gerne hinter dem Gartenzaun auf und ablaufen und hoffte nur, dass der lange Zaun kein Schlupfloch bietet. Keine Angst, ich wäre nicht zu ihm hineingekrochen.

In dem gestrigen Hotel waren dann noch 12 weitere "Pilgertouristen" untergebracht, wie ich beim Frühstück bemerkte. Eine sieben Personen große "Rund-um-Wien-Gruppe", die auch in Genf begonnen hat. Sie haben ALLE Hotels vorgebucht. Das habe ich gern. Dann war noch ein Zweiergespann, dass erst nach mir zum Frühstück kam und die jüngere Dreier-Damengruppe aus der Schweiz von der Herberge am 1. Frankreichtag. Die habe ich schon gegen Abend im Supermarkt getroffen - gut gestyled. Des abends um 1/2 10, ich sah sie vom Balkon, wie ich dort wegen des besseren Empfangs meine Berichte abschickte, noch fort gehen. Ihr ganzes Verhalten war das von Teenagern - jetzt wollen wir was erleben! Sie dürften um die 40 sein.
Ich weiß nun von 17 "Pilgern", die ca. zeitgleich den Weg mit mir machen. Die ältere Schweizer Damengruppe war im örtlichen Campingplatz untergebracht, wie mir der ehemalige Missionarsmitarbeiter, den ich mit einem Schweizer getroffen habe, erzählt hat. Dieses Massenpilgern mit allen Negativerscheinungen (z.B.: Zimmersuche und durch die Nachfrage höhere Preise), welches leider noch ärger wird, ist mir fast schon leid. Da trauere ich den ruhigen Österreich- und Schweiztagen nach.
Aber ich gehe einfach meinen Weg und durch meinen flotten Schritt bleibe ich allein und kann mein Pilgerprogramm ungestört erleben.

Es war heute wieder ein sehr heißer Tag. Schon ab 8 Uhr brauchte ich laufend das Schweißtuch. So war es eine tolle Erfrischung, hier an meinem Etappenort nur 150m entfernt einen kleinen Badeteich vorzufinden, in dem ich mich am NM kurz abkühlen konnte. Da dachte ich an mein Enkerl Lukas, der auch heute im Schwimmbad war. Das wäre jetzt lustig mit ihm zu plantschen.

Der Weg war heute viel besser und oft sogar sehr schön. Nach ein paar Stunden konnte ich, wenn nicht übermannshohe Maisfelder den Blick einschränkten, ins Tal blicken, wo die grüne Rhone langsam durch die Auen floss. Noch zwei Tage geht es durch das Rhonetal. An den Hängen wird Wein angebaut und das erste Weingut habe ich auch schon gesehen.
Das gute Gehen beschwingt gleich die Laune und ein paarmal habe ich mein Gesangsbuch hervorgeholt und mit Freude zufällig ausgesuchte Lieder gesungen - das macht Spaß.
In den VM-Stunden ist das Gehen am Schönsten, da ist der Geist wach und ich achte auf viele kleine Begebenheiten. Einmal mache ich kurz Pause und blicke am Boden eine Ameisenstraße, die über einen Ast führt und so eine "große" Schlucht überspannt. Hin und her geht das Gewurrle und bei jeder Begegnung bleiben die Ameisen kurz stehen, beriechen sich oder sagen Grüß Gott, was weiß ich. Aber es ist interessant anzusehen.
An einer Wegstelle war die Luft nicht toll. Eine größere Hühnerfabrik blies die Abluft mit großen Ventilatoren ins Freie. Und von drinnen war hecktisches Gegacker zu hören.

So verging der VM schnell und ich kam auch schnell vorwärts, obwohl ich nicht mein volles Tempo eingeschlagen habe. Ich wollte eine Pause machen und auch etwas essen, aber beide Möglichkeiten waren heute nicht verfügbar - Ruhetag. So waren die heutigen 26 Km bald absolviert und ich kam schon um 13h in Serrieres-en-Chautagne (wird wohl niemand kennen) an und im Hotel bekam ich ein gutes Zimmer mit allem Drumm und Dran. Es war nur mit HP um 50,- zu buchen und weil ich auch zu Mittag was brauche, 26 Km machen hungrig, nahm ich gleich die VP um 60.- Euro, denn das Menü hätte 12,- gekostet. Ich gönnte mir wieder ein gutes Quartier, den die nächsten Tage verheißen quartiermäßig nichts erbauendes. Ein "grande biere" gönnte ich mir auch zum Essen, der edlen Spenderin sei Dank, dass ich mir in Frankreich ein Bier gönnen kann :-)
Nachdem es früher NM war und ich auch ein Bad dabei hatte, war heute wieder Großwaschtag angesagt und nun kann meine Wäsche trocknen.

Somit bin ich die nächste Million (siehe gestern) angegangen. Ich bin neugierig, ob der Spruch gültig ist, dass nur die erste Million die schwerste ist.
Euer Pilger Walter

2 Kommentare:

  1. Wau wau wu wu wau wau!

    Das klingt heute echt nach einem Hundstag. Du hättest ja einen besonderes süßen, als Pilgerhund auf deiner zweiten Million.

    Dieser Nachmittag am See ist dir echt gegönnt bei der Hitze, Täte auch lieber reinspringen als bei 33 im Büro sitzen!

    Alles Gute
    Peter

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  2. hallo Pilger walter! gratulation für die ersten 1000km, mehr als ein drittel ist geschaft.Freuen uns riesig für dich. lesen mit wehmut deine berichte und stellen uns vor wie toll es wäre auch dort zu maschieren. was nicht ist kann ja noch werden, sind ja noch jung. wünschen auch weiterhin gesundheit und alles gute für das gesteckte ziel. Alexandra und Werner

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