Sonntag, 17. Juli 2011

Hilfsbereitschaft

Liebe Freunde,
für den heutigen Bericht zieht Euch fürs Erste, besser die Regenschutzbekleidung an.

Was soll man zu einem solchen Morgen sagen? Die Vorhersagen gingen Richtung Regen über ganz Frankreich.
Ein Blick beim Fenster hinaus, ließen beim Aufstehen Hoffnung aufkeimen. Der Himmel war zwar grau, aber noch kein Regen. Nur schon während des Frühstücks ging diese Hoffnung in Regenwasser unter. Erst ließ ich mir Zeit und wollte eine Regenpause abwarten und nach einer Stunde sah es auch so aus, dass es beim verbliebenen Regen gangbar wäre. Eingehüllt in meinen Regenüberhang startete ich mit viel Zuversicht und Bitten nach oben. Nur 5 Minuten später wurde der Regen wieder stärker und stärker. Die Hose wurde nass und ich suchte einen Unterstand. Stehend unter einem Hausvordach wartete ich eine Dreiviertel Stunde auf Besserung und die sah so aus: nach sehr starken Güssen kam dann nur starker Regen usw. usw.
Gegen 9h wurden die Hausbesitzer munter und bemerkten mich. Sie boten mir an ins Trockene zu kommen und so sitze ich in der Garage und blicke verdrießlich nach draussen. Es ist keine Wetterbesserung zu erkennen, im Gegenteil, er wird dunkler.

9:25 - Nun schüttet es in Kübeln und zusätzlich treibt starker Wind den Regen trotz Vordach, unter dem ich zuerst stand, bis in meinen Garagenplatz.

10:30 - Ich sitze seit einer Stunde in der Küche meiner unfreiwilligen und netten Gastgeber. Die Frau versucht mit
vielen Worten, einigen Englischbrocken und mit Hilfe ihres 15-jährigen Enkels, mir aus meiner verfahrenen Situation zu helfen. An Hand einer Karte werden alle schon gegangenen und demnächst zu gehenden Etappen besprochen. Wenn ich es richtig verstanden habe, wollen sie mich zu Mittag mit dem Auto in den nächsten Etappenort bringen. Für den morgigen Tag hätte sie in Chavanay, mein Ziel für morgen, eine Freundin, die auch den JW gegangen ist und wo ich nach einem Telefonat unterkommen könnte.
Aber wenn ich 10% der Worte verstehe oder richtig interpretiere, dann ist das viel was ich aus den vielen Worten mitbekomme.
Lieber Jakobus hilf mir und Jakobus half.

11:25 - Ich sitze in einer Bar mit einfachen Zimmern im heutigen Etappenziel Revel-Tourdan bei Bier und warte auf mein Plat du jour (Tagesteller = Fisch in Sauce und Nudeln). Da hat aber Jakobus kräftig mitgeholfen und die hilfsbereite französische Familie.
Monsieur hat mich die über 20 Km mit dem Auto geführt und ohne Diskussion. Sie zeigten einfach in den Regen hinaus und hießen mich ins Auto einsteigen. So ein Geschenk darf man nicht ablehnen und ich danke dafür.
Diese Wegstrecke bzw. diese Kilometer scheinen natürlich nicht in meinem Tourenbuch auf.

Wie ich gerade beim Essen bin, aufs Freiwerden des Zimmers musste ich noch warten, sehe ich die Gasse und im Regen fünf vermummte Gestalten zielstrebig auf die Bar zugehen. Es sind fünf der 7-Personengruppe aus Österreich. Die zwei jungen Burschen mussten schon nach Hause fahren.
Die Gruppe hat sich 10Km durch den Regen gekämpt und suchte einen trockenen Platz und etwas zu essen. Aber sie wollten weitergehen, denn nass wären sie schon und möchten ihr Etappenziel erreichen. Bus gibt es hier keinen.
Irgendwie beneidet mich jeder für sich, dass ich hierbleiben kann, aber der Gruppenzwang ist größer.
Ich beziehe dann mein Zimmer und mache es mir gemütlich.

15:15 - Ahh, ich erwache aus einem köstlichen kleinen Mittagschläfchen und es sieht aus, als ob es zu regnen aufgehört hätte. Inzwischen hat die Bar zugesperrt und deshalb habe ich mir zu Mittag noch ein Sandwich für den Abend geben lassen. Ich bin ganz allein in dem Haus.

15:45 - Ich mache einen Spaziergang durch diesen kleinen, alten und typischen Ort und erste zaghafte Sonnenstrahlen treffen mich. Vom Westen sieht man eine Wetterbesserung herankommen, aber noch bleibt es wechselhaft. Doch um wieviel freundlicher sieht der Tag gegenüber am Vormittag aus.

In der Zeit des Wartens in der Garage möchte ich über meine Erfahrungen über die Essgewohnheiten in französischen Haushalten berichten.
Der Tisch wird nur mit einem Teller und einer Besteckgarnitur gedeckt. Vom Salat, über die Vorspeise bis zum Käse, wird alles von diesem Teller gegessen. Nach jedem Gang wird der Teller mit viel gutem Baguette aufgetunkt und aufgewischt. Das ist praktisch und erspart der Hausfrau/-mann viel Abwasch.
Die zweite Beobachtung ist vom Frühstück. Statt Tassen stehen kleine Schüsseln am Tisch. Ich dachte erfreut, dass es auch ein Müsli geben wird. Nein, aus diesen Schalen wird der Kaffee oder Tee getrunken. Die Franzosen tauchen ihr Gebäck gerne in ihr Frühstücksgetränk ein und das geht in Schalen besser.

Nachzutragen wäre noch der gestrige Abend. Neben Thomas dem Aussteiger ist noch ein dritter Pilger im Hotel. Es ist Adrian, in pensionierter Pastor aus Ostdeuschland. Wir werden an den selben Tisch gesetzt und es gibt viel zu ezählen. Adrian ist sehr gesprächig und vergisst dabei aufs Essen und dieses Essen hat es ob seiner Riesenportionen in sich. In der HP ist für Drei auch ein Liter guter Rotwein enthalten.

Das war es von einem erzwungenen Ruhetag. Wie es weitergeht und ob ich den übermorgigen Ruhetag nutze oder verlege, muss ich erst anschauen.

Seid mir alle recht herzlich gegrüßt,
Euer Pilger Walter

3 Kommentare:

  1. Lieber Walter,
    unser Mobili-Dach und Pavillon strahlen in neuem (Farben)Glanz - Wetter hat ausgehalten und so konnten wir alles am WE erledigen. Die Schlechtwetterzone, die jetzt auf uns zukommt, hat dich also schon voll erwischt. Aber es ist schön zu lesen, dass du immer wieder so nette Leute triffst - und du musst dir ja nichts beweisen und im Starkregen maschieren, wenn du die Möglichkeit hast, mitzufahren. Wenn wir übrigens deine Berichte von den vorzüglichen Gerichten und den guten Weinen lesen läuft uns das Wasser im Munde zusammen. Freut uns sehr für dich, dass du da kulinarisch (und auch preislich) verwöhnt wirst - hast es ohnehin mehrfach verdient. Wem die Franzosen - neben dem Bau gscheiter Pilgerwege - offensichtlich noch Manieren beibringen müssen sind die Hunde. Oder vielleicht deutest du dies falsch und sie kläffen nur aus lauter Freude, wieder einen Pilger getroffen (und nicht erwischt...) zu haben und wollen dir einfach eine gute Reise wünschen! Und nicht vergessen - bring diesen "Viechern" ein wenig steirisch bei, vielleicht verstehen sie dies besser (Hunde, Pferde, Kühe, etc) und lassen dich in Ruhe gehen. Mit den Quartieren scheinst es auch zumeist sehr gut zu erwischen, schön ist es auch, wenn du gemeinsam mit den Familien essen kannst. Denke, dass dies auch den Familien gefällt und sie sich über die Erzählungen freuen.
    Lieber Walter, wir wünschen dir, dass sich die Wetterlage wieder bessert und du wieder angenehm im Trockenen und auf ordentlichen Wald- und Wiesenwegen gehen kannst. In diesem Sinne - alles Gute weiterhin und Gottes Segen! Liebe Grüsse von Deinen Freunden Ingrid und Werner

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  2. An die Frühstücksgewohnheiten kann ich mich noch erinnern. In die Kaffeeschüssel wird das Gebäck eingetunkt (oft nur Zwieback). Richtig gefrühstückt habe in der (Gast-)Familie nur ich. Dafür wurde am Abend reichlich aufgetischt und ein Sonntagsessen veranstaltet.

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  3. Hallo Walter,
    ich hoffe trotz des französischen Wetters geht es dir gut. Aber wenn man deine Berichte liest, ist dein Mut den JW zu bewältigen noch ungebrochen. Schöne Grüße von allen Leobenern. Wir wünschen dir weiterhin viele schöne Stunden, denn diese sollen auf deinem Weg überwiegen. Schöne, aber heute auch regnerische, Grüße aus Leoben. lg Erich

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