Montag, 11. Juli 2011

Erste Million

Hallo liebe Pilgerschar!

Hier bin ich wieder. Nach drei erzwungenen Ruhetagen beim Telefonieren, weil "bob" liebenswerterweise meinen Anschluss sperrte, weil die Kosten zu hoch sind. Was für einen Ärger und welche zusätzlichen Kosten, sind mir dadurch erwachsen? Das wird noch Konsequenzen haben. Deren Werbeslogan wird nun heißen "Sprich NICHT mit bob". Danke an meine Familie für die Hilfe.

Ab heute bin ich Millionär.
Heute und hier an meinem heutigen Etappenziel in Frangy kann ich meinen 1000. Kilometer feiern und das sind bekanntlich 1.000.000 (in Worten: eine Million) Meter und Schritte sind es gar noch mehr. Jetzt kehrt neue Kraft in mir ein, nach dem Telefonärger und dem schwierigen heutigen Tag.

Wie bekanntlich ist die erste Million am schwersten erreichbar. So war das Gehen auch am heutigen Tag.

Wie im gestrigen Bericht, der wie der Bericht vom Samstag erst heute in der richtigen Reihenfolge online geht, ersichtlich ist, habe ich heute wieder in einer Herberge genächtigt, nächtigen müssen. Beim Vorblättern zu den nächsten Tagen, wird das fast die Regel werden, so wenige Quartiermöglichkeiten gibt es. Das macht wenig Freude.
Am Abend konnte man ein Essen (Spaghetti mit guter Fleisch- und Gemüsesauce) in der Herberge bekommen und so saß ich mit 6 Frauen (2 x 3 Schweizerinnen) am Tisch in der Sonne und futterte zum dritten Mal, und sicher nicht zum letzten Mal, diese kraftspendende Speise. 11 Euro waren dafür zu berappen.
Wer dachte und mich kennt, das könnte eine heitere Unterhaltung gewesen sein, der irrt. In jeder Dreiergruppe gab es ein Alphaweibchen, welches eifersüchtig darüber wachte, dass seine Gruppe homogen blieb und so gab es vornehmlich eine interne Unterhaltung mit Themen die mich nicht interessierten oder in einem Urschweizer Dialekt gesprochen wurden, der unverständlich für mich war. So war ich am Tisch das siebente Rad. Beide Gruppen gehen "urlaubsmäßig" den JW und so war auch die Einstellung. Etwas erleben wollen und wenn möglich ohne Anstrengung zu marschieren. Es war gestern ihr erster Tag von Genf weg, bzw. dort wo sie der Bus absetzte. Na ja, von dieser Art Pilgerschar, die jetzt immer mehr wird, kann ich verzichten, sie belegen nur die Schlafmöglichkeiten.

Die Nacht war dann doch recht ruhig, vorallem wie dann die zweite und jüngere Gruppe, dann auch im Bett war.
Vor 6h bin ich munter geworden und wollte vor den Damen ins Bad, WC und zum Selbstbedienungsfrühstück. Ich wollte los, auch damit ich meine Telefonprobleme lösen könnte.
Die ältere Damengruppe, sie hatten anscheinend auch die senile Bettflucht, tat es mir dann gleich, aber meinen Vorsprung konnten sie nicht mehr aufholen :-)

So startete ich flott in einen schönen Tag, der sich dann gewaschen hat. Es wurde mein härtester Gehtag. Warum? So wie schon gestern kurz bemerkt, musste ich heute zur Kenntniss nehmen, dass (bisher) die Franzosen für die Wege nichts übrig haben. Mehr als zwei Drittel der heutigen Etappe (28 Km) ging es auf Wegen, die diesen Namen nicht verdienen, dahin. Feld- und Forstwege, die nur aus Geröll bestanden und seit Jahrzenten ungepflegt und ungewartet sind. Grauslich grobsteinig, ausgewaschen und kaum zu gehen. Richtige Haxenbrecher (für meine Nichtösterreichischen Leser: Haxen = Beine). Der Rest der Wege war durch die Regenfälle ganz tief oder es ging nur über kurze Asphaltstraßen, die dann wahrlich eine Erholung waren und im Vergleich wie auf Teppich zum begehen waren. Wenn die Grande Nation nicht mehr zuwege bringt? Das glaube ich doch nicht. Schlechter kann es aber nicht werden.
Dazu waren noch an die 500 Hm zum Hochsteigen und noch mehr zum Bergabsteigen. So gebrannt haben meine Füße noch nie, wie nach dieser Etappe. Mit gewisser Schadenfreude denke ich an Dramen, die sich heute bei den zwei Damengruppen abspielen werden. Man braucht auch ein wenig Genugtuung.

Wie war sonst der Tag, die Strecke?
Als Erstes wäre über die Wegmarkierung zu berichten. Sie ist, obwohl sie gewöhnungsbedürftig und sehr klein und unscheinbar ist, sehr effizent. Bisher war ein Verlaufen kaum möglich, wenn man nur bei jeder sich bietenden Kreuzung sehr wachsam ist. Die Markierung ist da und eindeutig. Es gibt sogar "no-go"-Markierungen.

Über die Gegend ist sehr wenig zu berichten. Nichtssagende Landschaft am Weg, wenn man aber Ausblick hat, dann ist sie nicht unreizvoll. Aber hier gibt es nichts Interessantes und Schönes. Es gibt kaum Häuser und nur wenige kleine Dörfer und es gibt KEINE Infrastuktur. Nachdem ich den Etappenort vom Führer rechts liegen ließ und noch 4Km weiterging, war hier erst wieder Quartier, Restaurant und Geschäft zu finden.
Summasummarum mit Wegezustand und dem Gesamteindruck: Wenn Frankreich einen Kopf hat, vermutlich Paris, dann ist hier in dieser Region das Gegenteil.

Im Hotel "Moderne" (das muss vor zig Jahren gewesen sein) nahm ich mir heute ein Zimmer für mich alleine (WC am Gang) um 37,- Euro. Das Mittagsmenü um 13,- war gut und reichlich. Ich hatte nach über 6 Stunden schweren Gehens auch schon einen Wolfshunger.
Aber jetzt passt wieder alles und ich bin stolz auf das Erreichte. Bis jetzt geht es mit dem Französisch auch ganz gut, ich habe noch alles bekommen, was ich brauchte.

Ab späten NM hört man im Gang, laufend Pilgergruppen ankommen. Da freue ich mich, schon ein Quartier zu haben. Bei der Tourplanung habe ich einen Fehler gemacht, der erst jetzt sichtbar wird. Die Urlaubs- oder Abschnittspilger beginnen ihren Weg am WE und gestern war Sonntag. Somit bin ich mitten in dieser Pilgerherde und anscheinend sind es nicht wenige, aber alles keine Einzelgänger.

So grüße ich Euch aus Frankreich und bleibt mir auch hier eine treue Leserschar.
Euer Pilger Walter

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